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Liebe Gemeinde,
Wo bleibt da die Osterfreude, ja, der Osterjubel? Ein Wort, das mich in diesen Tagen tief berührt und nicht loslässt, möchte ich heute mit Ihnen teilen. Es entstammt einer nachösterlichen Begegnung des Auferstandenen mit seinen Jüngern am See Genezareth, auch See Tiberias genannt. Dieser eine Satz ist nicht fettgedruckt und nicht als Segenswort bekannt. Er ist eigentlich mehr eine Orts- und Zeitangabe als ein Zuspruch, und doch entfaltet er das Evangelium pur: „Als es Morgen war, stand Jesus am Ufer.“ Als es Morgen war – offenbar folgt der Nacht ein Morgen. Und an diesem Morgen gibt es eine Orientierung, ein rettendes Ufer – Jesus Christus. Jesus bricht wie das Morgenlicht in unsere dunkelsten Nächte und zieht uns hinein in seine Gegenwart, an das rettende Ufer. Johannes 21,1-14 Nachdem Jesus sich Maria Magdalena am offenen Grab, den Jüngern hinter verschlossenen Türen und dem zweifelnden Thomas eine Woche nach Ostern gezeigt hatte, berichtet der Evangelist Johannes von einer weiteren Jesus-Begegnung, diesmal etwas später in Galiäa. Ein Teil der Jünger ist offensichtlich nach Galiläa zurückgekehrt, warum, bleibt hier unklar. Ob sie auf eine Begegnung mit Jesus in Galiläa hofften? Ob sie einfach zurück zur Familie wollten? Jedenfalls begegnen uns die erwähnten sieben Osterzeugen so ganz und gar unösterlich, kein Jubel und kein Halleluja kommen von ihren Lippen. Stattdessen scheinen sie die Episode mit Jesus zu verdrängen. Petrus will fischen gehen, seinen alten Beruf aufnehmen, sein Brot verdienen. Und die anderen kommen mit. Statt dass mit Karfreitag und Ostern alles anders wurde, sind sie im Alltag angekommen. Ob ich nicht manchmal auch bei diesen sieben Jüngern bin? Eigentlich sollten mich die Begegnungen mit Jesus, seine Kraft und die Erfahrungen von Gebetserhörungen auch durch harte Zeiten tragen, doch so leicht erstirbt der Osterjubel, und ich mache weiter wie bisher, verbeiße mich in meine Pflichten und vergesse die Berufung, die Jesus mit gegeben hat. Doch es kommt noch schlimmer. Das Netz bleibt leer. Der absolute Tiefpunkt ist erreicht. Es ist schwarze Nacht und kein Fisch geht ins Netz. Die Arbeit ist vergeblich, noch nicht mal der Alltag funktioniert mehr. Die schwarze Nacht können wir alle mit unseren eigenen Geschichten füllen. Ob es die Erfolglosigkeit im Geschäft ist, der Beziehungswirrwarr im eigenen Herzen ist. Ob es die Gemeindeerfahrung ist, dass sich niemand einladen lässt, ein Leben mit Jesus zu führen, dass Straßeneinsätze, persönliche Beziehungen und wunderbar geplante Events keine Türen geöffnet haben und Menschen sich weiter dem Evangelium verschließen, es sind Tiberias-Erfahrungen – im Dunkeln auf einem See zu schippern und leere Netze mit sich zu ziehen. „Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer.“ Sind es nur die Jünger, die sich nach Brot des Lebens sehnen, die von vollen Netzen träumen, von Sorglosigkeit und Frieden? Jesus fordert uns auch auf, ihm unsere Ohnmacht zu bekennen, die Leere zuzugeben, die Sehnsucht herauszuschreien. Wir müssen uns nicht als glückliche Ostereier verkleiden, sondern dürfen mit unseren Nachterfahrungen bei Jesus ankommen. Er hört uns zu, er wartet darauf, dass wir ehrlich sind. Und auch als Gemeinde können wir ehrlich sein. Es ist nicht einfach, für ihn Zeugnis zu geben, es ist nicht einfach, als Gemeinde nach seinem Vorbild beieinander zu bleiben, einander zu dienen, zu lieben, zu vergeben, immer wieder neu anzufangen, sich korrigieren zu lassen. Es ist deprimierend, ein Jahr nach ProChrist festzustellen, dass wir niemand zu Jesus weisen konnten, eigentlich nur die Frommen noch frömmer wurden. Jesus provoziert da am Ufer Ehrlichkeit, entlastende Ehrlichkeit. Doch nun wird Jesus aktiv, er fordert zum zweiten Versuch auf, das Netz soll wieder ausgeworfen werden – nach der Seite, die Jesus bestimmt. Jesus sagt zu: Ihr werdet finden! Der Unterschied zum ersten Auswerfen sticht ins Auge. Die Jünger starren nicht länger auf die Beute, sie denken nicht daran, was sie mit den Fischen alles anstellen können und sie vergleichen sich nicht mit anderen Fischerbooten auf dem See. Sie schauen auf Jesus am Ufer, er dirigiert die Szene. Der Lieblingsjünger erkennt das, er ruft: „Es ist der Herr!“ Jesus erweist sich als Herr durch seine teilnehmende Nähe, seine Ermutigung zum neuen Anfang und durch seine Autorität, die die Jünger tun lässt, was er sagt, obwohl Fischer eigentlich tagsüber keine Beute machen. Jesus sorgt für ein volles Netz. Petrus, der es nicht erwarten kann, zu Jesus zu kommen, schwimmt voraus und weist damit dem Boot den Weg zu Jesus. Zwar sind nur knapp 100m bis zum Ufer zu überwinden. Doch die würden schon reichen, um die Beute zu verlieren, zu verschachern oder mit dem Boot einen anderen Zielpunkt anzusteuern. Petrus ist Wegweiser, dass die Jünger zu Jesus kommen, dass die Fische bei ihm landen. Ich frage mich, ob solch ein Petrusdienst nicht auch bei uns wichtig ist. Wir können unsere Freunde oft nur bis quasi 100m Entfernung zu Jesus bringen, wir können sie einladen, ihnen von der Bibel erzählen, sie bei Lebensthemen auf Gott stoßen, aber die letzten 100m sind ihre eigenen. Da können wir voraus schwimmen und einfach hoffen, dass sie nachkommen und Jesus selbst begegnen. Was sie dann am Ufer erwartet,
ist überwältigend. Der Auferstandene hat eine Mahlzeit für
sie vorbereitet. Geröstetes Brot und gegrillter Fisch Jesus braucht unsere Erfolge nicht, um uns zu sättigen. Er möchte uns einbeziehen in seine Mission. Er gibt uns Würde dabeizusein, in seinen Auftrag hineinzuwachsen. Vor einer Woche nahm ich an einer Bläserfreizeit teil. Wir hatten ein paar Profis als Lehrer und Gruppenleiter dabei. Die ganze Woche über übten sie mit uns für ein Abschlusskonzert. Wenn ich mein Spielen selbstkritisch anschaue: Ich hätte bei diesem Konzert nicht mitspielen müssen. Im Gegenteil, die Profis hätten sich wahrscheinlich allein sehr viel besser angehört. Doch ich war dabei, wurde würdig erachtet, bei schweren Stücken mitzutun, wurde mitgerissen von den viel besser Spielenden. Jesus nimmt uns mit auf seinem Fischfang. Er ruft zu sich ans Ufer, er sorgt für Fische in seinen Netzen. Er braucht uns dazu nicht, aber er will uns mit einbeziehen, wir dürfen an ihm und mit ihm wachsen. Dass es genau 153 große Fische sind, daran liegt dem Evangelisten Johannes viel. Vielleicht stand diese Zahl damals für alle Nationen der Welt. So hätte der Fischzug symbolische Bedeutung. Die Jünger werden aufgefordert, Menschen aus allen Nationen die Gute Nachricht zu bringen. Und Jesus wird dafür sorgen, dass seine Nachfolgerinnen und Nachfolger beieinander bleiben, wie er es im Hohenpriesterlichen Gebet formulierte (Johannes 17). Das Netz wird nicht reißen, egal wie viele dazukommen. Wir brauchen Jesus am Ufer, wir brauchen seine Stärkung. Oft kommen wir mit zu wenig Stärkung aus, das ist nicht gut. Lassen wir uns neu von ihm sättigen im Lesen der Bibel, im Gebet, im Gespräch mit Menschen, die uns im Glauben weiterhelfen können. Das Leben mit Jesus ist es wert, zu ihm an Land zu kommen. Auch wenn manche Nacht
noch dunkel ist, das Grab Jesu bleibt leer. Der Auferstandene steht am
Ufer, es ist der Herr.
1. Ich habe nun den Grund
gefunden,
Cornelia
Trick
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