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Liebe Gemeinde,
Beim Nachdenken über die Worte Jesu, die ich heute mit Ihnen bedenken will, nahm ich das Kreuz auch in die Hand. So widerspenstig, wie es da in meiner Handfläche lag, so widerspenstig kamen mir auch Jesu Worte vor, und ich bekam ein Gefühl für Petrus, der sie damals hörte. Petrus und die anderen
Jünger waren mit Jesus zusammen durch Galiläa, ihre Heimat, gezogen.
Petrus sah Jesus zu bei Wundern, bei Seelsorge, bei Predigten, bei Auseinandersetzungen
und im Vermitteln zwischen den Jüngern. Nun sollte diese Zeit zu Ende
gehen. Jesus nahm seine Nachfolger mit nach Jerusalem, wo das Kreuz auf
ihn wartete. Ganz am Anfang der Reise stellte er den Jüngern die Frage:
„Für wen halten mich die Leute?“ Die Jünger berichteten ihm,
was sie gehört hatten. Die Leute hielten Jesus für einen, der
sie mit Gott in Kontakt brachte wie früher die Propheten, sie dachten,
dass er eine neue Zeit beginnen würde, sie sahen in ihm den Anfang
von Gottes Zukunft. Jesus wollte es nun genauer wissen: „Und ihr?“ Petrus
antwortete als Erster: „Du bist Christus, der Gesalbte Gottes, auf den
Israel hoffte.“ Dahinter steckt die Erwartung, dass mit Jesus Frieden werden
würde. Die von den Propheten angekündigte Zukunft, Gerechtigkeit
für die Armen, Ausgleich von arm und reich, blühende Landschaften
und eingeebnete Berge würde nun Realität werden. Petrus erwartete
eine Vorstufe zum Paradies.
Markus 8,31-33
Wer ist Jesus?
Doch Jesus zeigt sich Petrus und uns in einem ganz anderen Licht. Sein Weg geht nicht weiter auf sonnigen Höhen, sondern führt ins tiefe Todestal. Er wird sich mit den Führenden in der Hauptstadt anlegen und keinen Frieden verbreiten können. Er wird selbst leiden müssen, von Heilung keine Spur. Er wird umgebracht werden, statt Leben in Fülle zu genießen. Wie ein kurzer Nachsatz wirkt die Aussage, dass Jesus auferstehen wird. Hat Petrus diesen Nachsatz überhört? Ist er hängengeblieben an den Schreckensszenarien, die ja auch die Jünger bedrohten? Hat er buchstäblich rot gesehen bei der Ankündigung, dass sein Idol freiwillig sterben wollte? Jedenfalls reagiert Petrus sofort und versucht, ihn von diesem Weg wieder abzubringen. Fast scheint es wie die Wiederholung der Versuchung Jesu in der Wüste am Anfang seiner Wirksamkeit (Matthäus 4,1-11). Petrus meinte Jesus zu kennen, und nun stand ein ganz anderer vor ihm. Jesus scheint nicht direkt Petrus zu antworten. Es ist, als ob er einen hinter Petrus sieht, der Petrus nur vorschiebt in eigenem Interesse. „Satan“ gibt Petrus die Worte ein. Er verunsichert Jesus wie schon damals in der Wüste. Er greift die Sehnsüchte der Jünger auf: Sicherheit, Heimat, Frieden, Beziehungen, kurz – das galiläische Idyll statt des Jerusalemer Prozesses. Satan will Jesus von seinem Weg abbringen und ihn hindern, den letzten Schritt zu tun, um den Menschen den Himmel wirklich aufzuschließen. Doch Jesus ist stärker. Er fährt Satan harsch an: „Geh weg!“ Das sagt er nicht Petrus, wie könnte er seinen engsten Vertrauten Satan nennen, sondern dem, der Petrus missbraucht. Das scheinbar alltägliche 4-Augen-Gespräch zwischen Jesus und Petrus wird zum Ringkampf der Königsklasse. Gott kämpft gegen Satan. Jesus ist auf Gottes Seite und wird deshalb siegen. So zeigt dieses kurze Wortgefecht, dass Jesus wirklich der Christus ist, für den die Jünger ihn halten. Nicht nur der liebe Heiland, sondern auch der Herr über das Böse. Warum muss Jesus leiden
und sterben?
Jesus war nicht Zuschauer, der das Elend der Menschen interessiert, aber weitgehend unbeteiligt betrachtete. Er ging als Sohn Gottes, also mit Gott in engster Verbindung, den tiefsten Weg, noch eine Etage tiefer als wir. Denn er war unschuldig, der unschuldigste Mensch überhaupt. Statt seiner eigenen Schuld schulterte er unsere Schuld, die Schulden jedes einzelnen Menschen auf dieser Welt. Nun haben wir nicht unbedingt den Eindruck, dass wir so viel Schuld begangen haben. Die meisten von uns führen ein gutes Leben, sind nett zu ihren Mitmenschen, sind nicht gewalttätig und entschuldigen sich, wenn sie jemand auf den Fuß getreten sind. Das ist gut so. Und doch gibt es Situationen, die uns ein Leben lang belasten können. Wir haben Unrechtes über jemand gesagt und können es nicht mehr zurückholen. Wir haben Fehler in der Erziehung gemacht, die Auswirkungen können wir nicht wegradieren. Wir haben Chancen zum Guten verpasst und sind den Weg des geringsten Widerstands gegangen, wohl wissend, dass wir damit falsch lagen. Das alles führt in der Konsequenz zum Sterben. Beziehungen sterben, Vertrauen wird getötet, Lebensmut verschwindet, Schuldgefühle lassen ersticken. Doch Jesus trägt noch eine andere Dimension von Schuld, nämlich unsere Gleichgültigkeit gegenüber Gott. Die zeigt sich besonders in den Extremen. Wir tun so, als ob es keinen Gott gäbe, meinen, die Welt und unser Leben in der eigenen Hand zu haben. Und wir sind abgrundtief verzweifelt und ohne Hoffnung, wenn uns das Leben aus der Hand gleitet. Wir rechnen nicht damit, dass Gott unsere Welt in seiner Hand hält, und vertrauen ihm nicht, dass er auch uns nicht fallen lässt. Diese Schuld, an der wir alle tragen, nimmt Jesus uns ab. Er hat die schlimmsten Zustände von uns Menschen erlitten bis hin zum Tod. Damit hat er von seiner Seite aus die Trennung von Gott komplett aufgelöst. Er sagte am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Lukas 23,34) Wenn wir Jesus vertrauen, uns ihm anvertrauen, ist unsere Trennung von Gott überwunden, unsere Schuld, die Trennung von Gott, ist weg. Wir können nun aufrecht laufen, das Paket ist von unseren Schultern genommen, der Seelenmüll bei Jesus gelandet. Jesus ist nicht tot geblieben, er ist auferstanden zum ewigen Leben bei Gott, zu ihm gehören wir nun auch im neuen Leben. Markus 8,34-35
Konsequenzen
Deutung 1:
Wer liebt, kann auch abgrundtief enttäuscht werden – von Freunden, die die Liebe ausnutzten, sich im entscheidenden Moment gegen uns wandten, uns einfach im Stich ließen. Von Partnern, die ihr lebenslängliches Versprechen nicht hielten. Von Eltern, die vernachlässigten, und Vorbildern, die in Wirklichkeit keine waren. Wer innige Gebetsanliegen vor Gott bringt, manchmal über lange Zeit, und sie nicht erfüllt bekommt, die andere aber schon, muss das verkraften. Wer daran festhält, dass uns alle Dinge von Gott her zum Besten dienen, wird ins Zweifeln kommen, wenn „das Beste“ wie ein immer größer werdendes Chaos oder Leid daherkommt trotz Jesus. So hilft das Bild, das Jesus uns mit diesen Worten entwirft. Das Geheimnis steckt in dem Wort „Nachfolge“. Nachfolge übersetze ich jetzt mal mit Kleben. Wer an Jesus klebt, den trägt Jesus mit seinem Kreuz, seinen Enttäuschungen und Anfechtungen mit. Wer an Jesus klebt, bekommt seine Kraft, auch die Widrigkeiten durchzustehen. Wer an Jesus klebt, ist im Einflussbereich der Liebe Gottes. Deutung 2:
1. In dir ist Freude in
allem Leide, o du süßer Jesu Christ. Durch dich wir haben himmlische
Gaben, du der wahre Heiland bist; hilfest von Schanden, rettest von Banden.
Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner
Güte steht unser G'müte, an dir wir kleben im Tod und Leben;
nichts kann uns scheiden. Halleluja.
Cornelia
Trick
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