Wie redet Gott? (1.Könige 19,5-8)
Gottesdienst am 28.6.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
bei einem Spaziergang sprachen wir über unsere nächste Zukunft. Meine Gesprächspartnerin meinte: „Gott sagt mir, was als Nächstes dran ist.“ Ich hakte nach, wie Gott denn mit ihr spreche, ob sie ihn ganz deutlich reden hörte? Ich hoffte, sie würde die Frage bejahen, Gott würde ihr deutlich sagen, was die nächsten Schritte für sie wären. Doch auch sie hörte Gottes Reden nicht so eindeutig, vielmehr durch Impulse, Bibelstellen, die sie spontan ansprachen, Gedanken im Alltag, die sich verdichteten und sie unruhig werden ließen. 

Unser Gespräch geht mit mir. Eine wesentliche Voraussetzung für mein Leben mit Gott ist doch, dass ich höre, wo er mich haben will, was er von mir erwartet, wie er mich heute und hier ermutigt. Ich wünsche mir eine lebendige Kommunikation mit Gott. Jesus hatte seinen Jüngern versprochen, dass er auch nach seiner Auferstehung mit ihnen in Kontakt bleiben wollte. Der Heilige Geist ist die Telefonleitung, die uns mit Jesus und dem Herz des Vaters im Himmel vernetzt. Doch wie sieht das tagtäglich aus?

In der Bibel bin ich auf Elia gestoßen. Er war ein Mann Gottes, ein Einzelkämpfer gegen den König und den Glauben an babylonische Gottheiten, ein Mann, der Gottes Wirken vielfältig erlebte und sich von ihm senden ließ. Jahrelang wusste er genau, wo Gott ihn haben wollte: in der direkten Konfrontation mit König Ahab, im Exil, nur von Raben ernährt, bei einer armen Witwe, der er ihren Lebensunterhalt sicherte. Doch am Höhepunkt seiner Mission und Gotteserfahrung verließ ihn die Gewissheit, die Verbindung zu Gottes Reden schien abgerissen.

Die Vorgeschichte
Drei Jahre Dürre hatte Israel erlebt, diese Hungerjahre hatte Elia damals dem König Ahab auf den Kopf zugesagt. Der König war dem Umkehrruf Elias nicht gefolgt, er hatte weiter die Kultgötter neben dem Gott Israels angebetet und ihren Kult im Land geduldet. Nun war Elia nach dreijährigem Exil zurück und stellte sich dem Kräftemessen mit Ahab. Ahab, begleitet von 450 Kultpriestern, und Elia opferten je ein Tier und baten ihre Gottheiten um Feuer vom Himmel zum Erweis ihrer Kraft. Ahabs Tier bliebt unversehrt, Elias Tier wurde vom Feuer verschlungen, und schließlich fing es endlich auch noch an zu regnen. Elia hatte mit dieser Machtdemonstration des Gottes Israel gewonnen, die Leute waren begeistert, lobten Gott, ein Freudenfest hätte sich anschließen können. Stattdessen kam es zu einem Tumult. Der Mob lynchte Ahabs Priester, ein Blutbad stand am Ende dieses Tages. Die Frau von König Ahab gab Elia am nächsten Morgen eine klare Ansage. Er würde dafür mit dem eigenen Leben bezahlten. Gerade aus dem Exil in die Heimat zurückgekommen, floh Elia erneut, diesmal in den Süden. 

1.Könige 19,5-8
Dann legte Elia sich unter den Ginsterstrauch und schlief ein. Aber ein Engel kam, weckte ihn und sagte: »Steh auf und iss!« Als Elija sich umschaute, entdeckte er hinter seinem Kopf ein frisches Fladenbrot und einen Krug mit Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder schlafen. Aber der Engel des HERRN weckte ihn noch einmal und sagte: »Steh auf und iss! Du hast einen weiten Weg vor dir!« Elia stand auf, aß und trank und machte sich auf den Weg. Er war so gestärkt, dass er vierzig Tage und Nächte ununterbrochen wanderte, bis er zum Berg Gottes, dem Horeb, kam.

Aufgefangen
Elia war am Tiefpunkt seiner Mission angekommen. Er wollte seine Landsleute zu Gott hinbewegen, ihnen deutlich machen, dass sie nur für ein Team sein, nicht alle Götter gleichzeitig anbeten konnten. Die Machtdemonstration hatte funktioniert, die Zuschauenden erkannten, dass sie dem Gott Israels vertrauen konnten. Doch das Ende war sicher nicht nach Gottes Willen. Elia hatte auf Gott hören wollen, doch er hatte die Verbindung verloren. Seine eigenen Motive waren wohl stärker gewesen, der Triumpf über seine jahrelangen Feinde zu berauschend, um die Chance zu vergeben, sich rächen zu können. Er war nicht besser als seine Vorfahren, so zog er für sich den Schluss. Eine ernüchternde Erkenntnis. 

Und nun lag er unter dem Ginsterbusch und hörte auch hier keine Stimme Gottes aus dem Himmel. Er war am Ende, Sterben schien ihm die einzige Option, so seine Worte, bevor er unter dem Ginster einschlief.

Ich denke an eine Situation, die mir jemand vor Kurzem schilderte. Die Familie war beisammen wie in diesen Tagen ja sehr häufig. Wie aus dem Nichts entzündete sich ein Streit an einem scheinbar völlig nebensächlichen Thema. Ein Wort gab das andere, Türen knallten, die Kinder liefen verschreckt in ihre Zimmer, einer haute ab, hielt die Spannung zuhause nicht mehr aus. Und wo war Gottes Stimme da? Hätte Gott nicht mit den Streitenden reden können, sie beruhigen können, ein Stopp-Schild aufstellen können, bevor all das Porzellan im übertragenen Sinne zerschlagen war?

Ich denke an eine Email, die ich an den falschen Adressaten geschickt hatte. Sie landete buchstäblich in den völlig falschen Händen. Ich konnte sie nicht zurückholen, schwarz auf weiß hatte er nun meine vertrauliche Meinung über einen Konflikt in den Händen. Hätte Gott mir nicht sagen können, dass ich die Adresse noch einmal überprüfe? Hätte er mir nicht helfen können, diesen Fehler zu bereinigen, bevor der andere diese Email in den Händen hatte? 

Elia zeigt mir, dass wir Menschen, sogar ausgesprochene Gottesboten, so sind. Auch wenn wir uns innig mit Gott verbunden fühlen, jeden Morgen fragen, was Jesus heute mit uns vorhat, können wir seltsam taub für Gott sein. Gott redet nicht ununterbrochen und ständig hörbar mit uns. Er lässt uns falsche Entscheidungen treffen, die durchaus in Wüsten führen können. 

Doch Gott lässt uns nicht los. Ein Bote bringt Elia Brot und Wasser. Die biblische Erzählung lässt ein besonders liebevolles Mahl vor unseren Augen aufleuchten. Nicht nur Brot aus der Tüte, sondern frisches Brot liegt bereit. Nicht nur ein Wasserrinnsal, das aus einem Stein fließt, sondern ein Krug mit Wasser steht neben Elia. Gott hatte ihm einen Tisch gedeckt, mitten in der Wüste. Und er redete: „Steh auf und iss!“ Gott fordert keine Buße, gibt keine Handlungsanweisung, wie der Konflikt zu lösen ist, sondern sorgt fürs Überleben. Noch ist Elia nicht bereit zur Einsicht, er muss erstmal wieder zu Kräften kommen. Dazu lädt Gott ihn liebevoll ein. Zwei Mahlzeiten braucht es, bis Elia weitere Hinweise bekommt, er soll noch weiter in die Wüste zum Gottesberg Horeb gehen.

Wie redet Gott mit mir an den Tiefpunkten meines Lebens? Wasser und Brot stellt er mir eher selten neben das Bett. Aber ich kenne diese Gesten des Überlebens. Eine Freudin schreibt mir einen lieben Gruß, dass sie an mich denkt. Scheinbar zufällig bringt mir eine Nachbarin ein Stück Kuchen vorbei, sie hätte es übrig gehabt und an uns gedacht. Mein Mann empfängt mich abends mit einem leckeren Abendessen, Kerzen auf dem Tisch, schöner Musik. Gott schickt Boten, die für mich sorgen wie bei Elia.

Drehmomente
Elia wanderte 40 Tage in der Wüste herum Richtung Horeb, eine Zeit des Nachdenkens und Umdenkens. Er gewann Abstand vom Kampfschauplatz, hatte die Chance auf eine neue Sicht. 

Ich glaube, diese Wanderung ist ein guter Hinweis für uns. Gott redet, indem er uns auf Wanderungen schickt. Wir nehmen sie oft als Umwege wahr, so hatte es wahrscheinlich auch Elia gesehen. Doch in Wirklichkeit sind solche Durststrecken durch Wüstenlandschaften, Wege ohne erkennbaren Sinn, Zeiten der Besinnung, den Kopf frei zu bekommen für neue Impulse und für ein neues Wahrnehmen Gottes. 

1.Könige 19,11-13
Der HERR sagte: »Komm aus der Höhle und tritt auf den Berg vor mich hin! Ich werde an dir vorübergehen!« Da kam ein Sturm, der an der Bergwand rüttelte, dass die Felsbrocken flogen. Aber der HERR war nicht im Sturm. Als der Sturm vorüber war, kam ein starkes Erdbeben. Aber der HERR war nicht im Erdbeben. Als das Beben vorüber war, kam ein loderndes Feuer. Aber der HERR war nicht im Feuer. Als das Feuer vorüber war, kam ein ganz leiser Hauch. Da verhüllte Elia sein Gesicht mit dem Mantel, trat vor und stellte sich in den Eingang der Höhle. Eine Stimme fragte ihn: »Elia, was willst du hier?«

Angekommen am Horeb redet Gott deutlich. Er fragt zweimal: „Was machst du hier?“ Er bietet Elia die Gelegenheit, sich alles von der Seele zu reden, seinen Frust, seine Einsamkeit, seine Angst, seinen Schrei nach Hilfe. Und sicher erwartet Elia Antwort von Gott, wie wir es auch täten.

Gott verspricht ihm zu antworten, doch weder im Sturm, noch im Erdbeben, noch im Feuer, der Sprache, die Elia am besten verstanden hätte, war er doch so ein feuriger Prophet. Stattdessen antwortet Gott im leichten Wind, er schlägt Elia nicht mit Hagel und Feuer, sondern lockt ihn aus der Höhle, tut ihm gut, liebkost ihn und gibt ihm so zu verstehen: „Ich bin mit dir, ich gebe dir eine zweite Chance. Ich will die Vergangenheit nicht aufrechnen, sondern mit dir in die Zukunft gehen.“ 

Tatsächlich schickte er Elia zurück nach Norden, um sich ein Unterstützerteam zusammenzustellen. 

Wie redet Gott zu mir? Oft irritierend anders, als ich es erwarte. Ja, ich bin Elia gar nicht so unähnlich. Ich hätte gerne, dass Gott an manchen Stellen mit Sturm, Erdbeben und Feuer antwortet, dass er richtig Klartext redet, ganz so, wie ich es mir vorstelle. Aber stattdessen lockt er mich aus meiner Schmoll-Ecke, tut mir gut und gibt mir einen neuen Blick. Ich muss mich um meine Gegner nicht kümmern, das macht er. Ich muss nicht jeden Konflikt bereinigen, das kann ich gar nicht. Aber ich darf mit Gott in die Zukunft gehen, werde Unterstützung finden und immer wieder Impulse bekommen, wo es hingeht.

Das macht mich nicht immun gegen Missverständnisse und Hörprobleme. Doch die sind niemals endgültig, Gott stellt mir Jesus zur Seite, der mich versorgt mit Brot und Wasser des Lebens, der auch auf Wüstenwanderungen nicht von mir weicht und mir begegnet mit Liebe, Sanftmut und Geduld. Wenn ich mich mal wieder in meine Lieblingsgedanken verrannt habe und merke, dass ich in wüstenähnlichen Sackgassen lande, dann will ich aufmerksam sein auf die Zeichen von oben. Mir hilft es, bewusst die Stille zu suchen, einen Spaziergang zu machen, um die eigenen Gedanken frei zu bekommen. Meistens sind es dann nicht laute Sätze, die ich von Gott höre, sondern eher neue Ideen, mit einer verfahrenen Situation umzugehen, Ruhe, wenn mir eigentlich eher danach zumute war, emotional zurückzuschlagen, ein Ausweg, den ich vorher nicht gesehen habe. Dass es wirklich Gott war, der redete, merke ich meistens erst hinterher, wenn ich den Weg gegangen bin, den Gott mir mit seinem leichten Wind gezeigt hat. Was für ein Geschenk, dass wir solche Führung erleben dürfen. 

Cornelia Trick


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