|
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Die Gaben und Fähigkeiten fallen selten unvorbereitet vom Himmel. Wer die Gabe der Musik bekommt, war vorher nicht unmusikalisch, betrieb sicher auch schon vor seinem Leben mit Jesus gerne und zur Freude vieler Musik. Die Gabe, die der Heilige Geist schenkt, nimmt unsere persönlichen Gaben und veredelt sie. Vielleicht ist der Vergleich zur Veredlung eines Baumes ganz hilfreich. Die Wildkirsche ist auch Kirsche, ist rot und schmeckt gut. Aber mehr Fruchtfleisch ist an der veredelten Kirsche. Die natürlichen Gaben wirken Großes in dieser Welt, aber Gaben, denen der Heilige Geist Leben einhaucht, bewirken Großes in Gottes Perspektive, bringen Menschen näher zu ihm, lassen seine Liebe spürbar werden und geben ihm die Ehre. Heute soll unser Blick darauf ruhen, was diese Früchte sind, die wir als Christen mithilfe unserer Gaben hervorbringen. Die Früchte des Geistes
wachsen wie die Kirschen am Baum. Sie brauchen Wasser, das der Baum aus
dem Boden zu ihnen fließen lässt. Sie brauchen Sonne, die Gegenwart
Gottes, seine Liebe, das Gebet, um reifen zu können. Sie brauchen
Wurzelgrund, eine Gemeinde, persönliche Gemeinschaft mit anderen Glaubenden,
zumindest einen, der mit-glaubt.
Galater 5,22-26 Allen voran steht die Frucht Liebe. Liebe ist die Überschrift, unter der sich alle die verschiedenen anderen Früchte wiederfinden. Mit unseren Gaben dienen wir also dazu, dass die Liebe Gottes in unserer Gemeinde und unserer Umgebung wächst. Diese Liebe ist Antwort auf Gottes Ja zu uns, sie richtet sich an das Du, sucht das Wohl der anderen und gipfelt in der Feindesliebe. Ich denke an einen, der die Gabe des Handwerks hat. Als in seiner Gemeinde die Kirchenstühle in die Jahre kamen und man nicht genug Geld hatte, um neue zu kaufen, nahm er immer ein paar mit und bearbeitete sie stundenlang in seiner Werkstatt. Die Gemeindeleute haben davon nichts mitbekommen. Aber als der Mann wegzog, flog sein Geheimnis auf, denn auf einmal bekamen Frauen Laufmaschen in den Strümpfen und beim Umräumen gab es Splitter in den Fingern. Dieser Mann arbeitete in seiner Werkstatt aus Liebe zu seiner Gemeinde. Er wollte nicht gelobt werden, aber freute sich, mit seinem Beitrag andere zu erfreuen. Liebe steht immer in Gefahr,
im Allgemeinen dann doch unverbindlich zu bleiben. Deshalb nennt Paulus
konkrete Ausformungen dieser Liebe, Früchte, die diese Liebe zum Ausdruck
bringen.
Freude Die Freude, die am Baum des Heiligen Geistes wächst, greift tiefer. Sie entsteht aus der Erfahrung, Kind Gottes zu sein, geliebt, gewollt, begleitet und unterstützt zu werden, ein Ziel zu haben, auf das hin es sich lohnt zu leben. Diese Freude ist unabhängiger vom momentanen Erleben und drückt sich aus im Loben, Danken, Singen und in einer Zuversicht auch in schweren Lebensabschnitten. In einem Lied heißt es: „Freude, die von innen kommt, Freude, die mir niemand nimmt, Herr, du machst mein Leben hell mit dem Licht deiner Liebe.“ Ein besonderer Ort zum Freuen ist unser Gottesdienst. Hier feiern wir Woche für Woche, dass Jesus auferstanden ist und uns Leben schenkt. Freude setzt Bewegung frei, eigentlich müssten wir tanzen und uns im Freudentaumel in den Armen liegen wie gerade die Gewinner bei der EM. Freude setzt Singen frei. Unsere Lieder drücken aus, dass wir über unseren Horizont hinausblicken. Freude setzt Ideen frei. Eigentlich sollten wir hier immer wieder inspiriert werden und mit neuen Gedanken nach Hause gehen. Freude verbindet. Wir sitzen nicht mehr nebeneinander in der Bankreihe, sondern teilen einander unser Leben mit. Freude wirkt nach. Unser Alltag ist verändert, als ob wir Kohlensäure ins Wasser geschüttet bekommen hätten. Bei dieser Aufzählung merken wir sicher, dass noch einiger Verbesserungsbedarf besteht. Irgendwie kann die Freude nicht ganz ungehindert fließen. Vielleicht, weil wir zu wenig erwarten. Vielleicht, weil unsere Sorgen den Zufluss verstopfen, vielleicht auch, weil wir uns voreinander genieren. Was denken die anderen, wenn ich vor Freude lostanze? Aber Freude sollten wir unbedingt in den Alltag retten. Wir brauchen sie. Sie verbindet uns mit Gott, sie strahlt aus in unsere Umgebung, andere werden von dieser Freude angezogen. Es wäre doch schade, diese köstliche Frucht unserer Umgebung vorzuenthalten. Geduld Aber Geduld ist dringend
nötig, wenn etwas wachsen soll, nicht nur in der Pflanzenwelt. Gerade
im Glaubensleben geht es ja darum, in Gottes Versprechen hineinzuwachsen,
auf Gebetserhörungen zu warten und seine Signale abzuwarten. In der
Gemeinde brauchen wir füreinander den langen Atem. In Beziehungen
müssen wir vieles wachsen und reifen lassen, ohne den anderen in eine
Richtung zu zerren.
Geduldige Menschen sind Werbung für Gott. Sie ziehen niemand, sie zwingen niemand, sie können zuschauen und haben nicht die schnellen Lösungen. Mit ihnen zusammen zu sein ist ähnlich, wie an einem See zu sitzen und über das Wasser zu schauen – eine Oase in der Hektik der Hamsterräder. Kraft zum Verzicht – Selbstbeherrschung Niemand ist davor gefeit, mehr aufzunehmen, als ihm gut tut. Und Gott verbietet nicht mit einem strengen Wort das zweite Stück Kuchen oder das spannende Computerspiel. Aber wenn wir mit ihm unterwegs sind, wächst in uns eine Sehnsucht nach ihm, die uns von allem fernhält, was an seine Stelle rücken könnte. Wir können auf dem Bahnsteig dem Impuls widerstehen, schnell noch das Handy rauszuziehen, um noch eine Runde zu zocken. Wir schauen stattdessen in die Luft oder beobachten die anderen Reisenden, lassen Gott reden oder sprechen selbst ein kurzes Gebet. Das sind die Oasen, die uns Kraft für die nächste Wegstrecke geben und das Herz frei machen für das, was Gott mir zeigen will. Einfach ist das nicht, aber diese Frucht wirkt. Sie lässt uns unabhängiger und freier leben, denken und handeln, als ob der Käfig des „Du musst“ geöffnet wäre. Früchte des Geistes sind Ausdrucksformen unseres Glaubens. Sie sehen unterschiedlich aus und wachsen nicht immer gleich schnell. Aber sie sind nötig. Wir brauchen sie für unser Zusammenleben als Gemeinde, sie sind Werbeseiten für Gott und mit ihnen werden wir immer mehr Jesus ähnlich werden können. Dagegen stehen die von Paulus genannten Parasiten, die auf dem Baum nisten können: Ehrsucht, Wettbewerb um die besten Früchte und Neid. Die lassen die Früchte samt Baum absterben. Leben wir aus Gottes Quelle und lassen wir den Heiligen Geist in unser Leben fließen. Dann haben Parasiten keine Chance, weil der Baum kräftig und widerstandsfähig ist, die Früchte reifen können und aus ihnen neue Bäume entstehen werden. Darum geht es in der Gemeinde, einander zu ermutigen, die Früchte ungehindert wachsen zu lassen, den Durchfluss des Heiligen Geistes frei zu halten und zu staunen, wie Gott uns verändern kann. Der Geist Gottes dagegen lässt als Frucht eine Fülle von Gutem wachsen, nämlich: Liebe, Freude und Frieden, Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Bescheidenheit und Selbstbeherrschung. Wenn wir nun durch Gottes Geist ein neues Leben haben, dann wollen wir auch aus diesem Geist unser Leben führen. (Galater 5,22+25) Cornelia
Trick
|