Saat und Ernte (Matthäus 13,3-9)
Gottesdienst am 30.8.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
in den Ferien bin ich öfter an Feldern vorbeigelaufen. Auf den einen standen noch die Ähren und ließen sich vom Wind bewegen, auf den anderen waren sie schon geerntet, ein Stoppelfeld ist übriggeblieben. Jesus ist mit seinen Freunden und Anhängern wohl auch durch die Natur gestreift und fand dort viele Beispiele, um die Beziehung zu Gott anschaulich werden zu lassen. Immer wieder gebrauchte er Bilder von Saat und Ernte, eines davon fesselt mich immer wieder, weil es sich mit meinem Leben verbindet. Ich erkenne mich wie in einem Spiegel wieder und lerne, dass es nicht beim Ist-Zustand bleiben muss, es gibt Veränderungspotential.

Matthäus 13,3-9
Jesus sagte: »Seht doch: Ein Bauer ging aufs Feld, um zu säen. Während er die Körner auswarf, fiel ein Teil davon auf den Weg. Da kamen die Vögel und pickten sie auf. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nicht viel Erde gab. Die Körner gingen schnell auf, weil sie nicht tief im Boden lagen. Aber als die Sonne hoch stand, wurden die Pflanzen verbrannt. Und sie vertrockneten, weil sie keine tiefen Wurzeln hatten. Ein anderer Teil fiel zwischen die Disteln. Die Disteln schossen hoch und erstickten die junge Saat. Aber ein anderer Teil fiel auf guten Boden. Die Körner brachten gute Frucht. Manche Pflanzen brachten hundert, andere sechzig, andere dreißig Körner Frucht. Wer Ohren hat, soll gut zuhören!

Der Bauer ist Gott, er sät seine Liebe verschwenderisch aus. Gottes Liebe ist sein Ja zu uns. Er sagt uns zu: „Du bist wertvoll, wie du bist. Du bist gewollt. Du wirst gebraucht in dieser Welt.“ Diese Wahrheit möchte Gott uns ins Herz säen. Sie wird aufgehen wie ein Samenkorn und Frucht bringen. Das Ja Gottes verändert das Leben, gibt Sinn und Ausstrahlung, Lebensmut und Kraft. Soweit die Theorie.

Doch Jesus kennt uns und lässt es deshalb nicht bei der einfachen Gleichung: Gott sät, und wir bringen selbstverständlich Frucht. Er thematisiert deshalb die Beschaffenheit unseres Herzens, unserer Seele. Das Samenkorn könnte, statt auf fruchtbaren Boden, auch auf den Weg fallen, auf felsigen Boden oder unter Dornen und Disteln. Schauen wir uns die unterschiedlichen Böden genauer an.

Der Weg
Festgetrampelt und von Spurrillen zerfurcht sehe ich den Weg vor mir. Ein paar Körner sind über den Ackerrand gefallen und liegen nun auf der harten Erde. Sie haben keine Chance zum Wachsen. Der Boden nimmt sie nicht auf, sie vertrocknen, und zudem kommen die Vögel und picken sie weg. 

Was hat die Seele hart werden lassen, dass sie Gottes Ja nicht aufnehmen kann? Vielleicht hatte jemand die Erfahrung gemacht, nicht gewollt zu sein. Seine Eltern gaben ihm früh zu verstehen, dass er ein nicht geplantes Kind war, er fühlt sich immer wieder falsch am Platz, weggeschoben, unwichtig. Eine andere erzählt, wie sie immer wieder mit Ablehnung kämpfen muss. Ihre Hautfarbe kennzeichnet sie als nicht dazugehörig. Sie ist misstrauisch, wenn andere ihr nahekommen. Haben sie wirklich gute Absichten? Einer stöhnt, dass er sich wie auf der Überholspur fühlt. Ständig ist er unter Druck, hat wenig freie Minuten, neue Impulse kann er eigentlich dabei nicht gebrauchen. Er schiebt alles weg, was nicht unbedingt sein muss. Gottes Liebe? Vielleicht im nächsten Urlaub. „Wegmenschen“ tun sich schwer, Gottes Liebe an sich heranzulassen. Sein Ja geht zum einen Ohr hinein, zum anderen hinaus, es bleibt nichts hängen.

Der Fels
Gestern waren wir mit der Jungschar im Wald. Wir sammelten Steine für ein Mosaik. Das war an einer Stelle sehr einfach, nur eine dünne Erdschicht bedeckte viele Steine, die wir mühelos aus dem Erdreich herauslösen konnten. An solch eine Stelle denke ich, wenn ich mir Körner auf felsigem Boden vorstelle. Sie haben keine Chance, sich tiefer zu verwurzeln. Der Wind kommt und knickt die schwachen Hälmchen um, die Sonne trocknet die dünne Erdschicht aus, und die Pflanze verkümmert.

Was könnten Felsen in der Seele sein? Für mich sind es Blockaden, Verletzungen, Traumata. Eine Frau, die in ihrer Kindheit Missbrauch im privaten Umfeld erlebt hat, wird sich schwertun, dem Ja Gottes zu vertrauen. Ist sie doch von einer Vertrauensperson zutiefst verletzt und geängstigt worden. Ein Mann, der Gewalt im Elternhaus erlebt hat, kann sich Gott wohl auch nur so vorstellen. Wie kann man einem Gott vertrauen, der draufhaut? Aber auch eigene Schuld kann blockieren. Schuld, die ich mir nicht vergeben kann und die mir niemand anderes vergeben kann. Wo ich einen Menschen geschädigt habe und es nicht wieder gut machen kann. Da kommen Gedanken auf, dass auch Gott diese Schuld nicht vergeben wird. 

Immer wenn Gottes Ja zu einem „Felsmenschen“ spricht, meldet sich der Stein im Herzen und schreit „Aber!“. Der Stein warnt, dass trotz dem Ja Gottes gleich wieder ein Schmerz kommen, eine Verletzung geschehen oder die Schuld eben doch nicht ausgeräumt sein könnte. Die Zusage Gottes tut gut, aber eben nur solange, bis sich die Steine im Herzen melden und das zarte Pflänzchen Vertrauen sterben lassen.

Disteln
Im Garten hatten wir vor Jahren Rollrasen gelegt bekommen, wunderschön und makellos. Doch nach drei Jahren war auch diese reine Rasenfläche durchsetzt von Unkraut und eben auch Disteln. Sie sind einfach überall. Man muss sie ständig ausrupfen, sonst nehmen sie Überhand.

Seit einigen Jahren forschen Wissenschaftler an den Auswirkungen unserer Lebensumstände auf die Psyche der Menschen. Sie haben festgestellt, dass viele die Angst, nicht hinterherzukommen, nicht auf dem neusten Stand zu sein und etwas zu verpassen, antreibt. Sie werden aufgerieben von der ständigen Alarmbereitschaft, auch noch dieses und jenes mitzubekommen.

Wir können uns nicht aus unserer Zeit herausfallen lassen wie zum Beispiel die Amish People in Pennsylvania, USA. Aber wir können wie beim Rasen unsere Seele bearbeiten, die „Disteln“ kleinhalten oder sogar entfernen. Wir können Freiraum schaffen für Zeiten der Besinnung, der Gottesbeziehung, der Andacht und für Gebet. Wir können unseren Blick schärfen für die Disteln in unserem Leben. Sind es Termine, sind es Menschen, die uns nicht guttun? Sind es Gewohnheiten, die uns in Abhängigkeiten bringen, die uns schaden?

Von Disteln sind wir alle betroffen, es wird ein ständiges Lebensthema bleiben.

Für den Weg, den Fels und die Disteln in unserem Herzen brauchen wir Hilfe von außen. Wir können verhärtete Wege nicht selbst aufbrechen, Felsen nicht sprengen und letztlich auch die Disteln nicht wirksam bezwingen. Doch wir können den Bauern, Gott, bitten, uns zu helfen: 
„Herr, hilf mir, mein Herz zu erneuern. Fange heute damit an. Ich bin bereit, dich an mir arbeiten zu lassen. Ich stelle mich dir zur Verfügung, räume dir Zeit ein, begebe mich an einen Ort, wo Ruhe herrscht. Wirke du!“

Jesus war dieses Gleichnis wichtig, um uns zu sensibilisieren. Nicht, um uns in Schubladen zu stecken, sondern uns zu helfen, Klarheit zu bekommen. Wahrscheinlich ist niemand von uns exakt einem Typ von den drei Möglichkeiten zuzuordnen. Wir haben alle mehr oder weniger große Anteile der drei Typen. Hier, auf dem Acker unserer Seele, entscheidet sich, ob Gottes Liebe bei uns ankommt und uns verändert. 

Fruchtbares Land
Das Ziel ist, dass jedes Korn Frucht trägt, unterschiedlich viel, so wie wir unterschiedlich sind. Die Menge der Körner am Ende ist diesem Bauern in der Beispielgeschichte nicht wichtig, Hauptsache ist, dass etwas wächst.

Wie kann die Frucht aussehen? Eine gewinnt durch ihr Gottvertrauen Kraft, sich in ihrem Beruf immer wieder auf Menschen einzulassen und ihnen mit ihren Möglichkeiten zu helfen. Einer engagiert sich ehrenamtlich in der Politik und versucht, auf diese Weise in seinem Umfeld für Umwelt, Frieden und Gerechtigkeit einzutreten. Eine hat ein offenes Ohr für ihre Mitmenschen, sie verbringt viel Zeit am Telefon und unterstützt, tröstet, hört einfach zu.

Wie gut, dass die Ähre nicht alleinsteht, sie ist umgeben von anderen Ähren auf dem Feld, die sie schützen und stärken. So sind wir nicht allein, wenn wir Gottes Impulse aufnehmen, uns korrigieren lassen und versuchen, einen neuen Weg zu gehen. In der Gemeinschaft fällt es leichter, Vertrauen zu lernen. Die Erfahrungen der anderen werden zu meinen Erfahrungen, mein Blick auf Gott wird weiter.

Jesus macht Lust, sich auf Entdeckungsreise zu begeben, was Gottes Ja in, mit und aus uns machen kann: ein Leben, geborgen in Gottes Hand und kraftvoll, die Aufgaben des Lebens anzupacken.

Cornelia Trick


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