Gottesdienst am 5.4.2020
in Brombach, wegen der Corona-Pandemie ohne anwesende Gemeinde
Liebe Gemeinde,
am Montagabend hatte ich
so ein Palmsonntag-Erlebnis, dass aus einer aktuellen Erfahrung ein jubelndes
Gotteslob wird. Ein Anruf kam: Unsere Großcousine in Norditalien
ist von der künstlichen Beatmung genommen worden, sie kann nun wieder
selbstständig Luft holen, schreibt SMS, ist über den Berg – Gott
Lob!
Solch eine Erfahrung war
der Ausgangspunkt von Palmsonntag, Jesus inmitten von Menschen, die etwas
mit ihm erlebt hatten. Jesus kam von Jericho und blickte herab auf die
Stadt Jerusalem, die vor ihm lag. Gerade hatte er Bartimäus am Straßenrand
vor Jericho geheilt. Die Leute dort hatten es mitbekommen und sind Jesus
hinterhergelaufen. Sie wollten mehr Wunder sehen. Sie erkannten in ihm
den verheißenen Retter der Welt. Er hatte dem Bartimäus geholfen,
er konnte ihnen allen helfen. Er konnte sie von der verhassten römischen
Besatzungsmacht befreien, ihrem wirtschaftlichen Elend ein Ende setzen,
die neue Welt Gottes anbrechen lassen. Voller Erwartung zogen sie mit Jesus.
Markus 11,1-11
Kurz vor Jerusalem kamen
Jesus und seine Jünger nach Betfage und Betanien am Ölberg. Da
schickte Jesus zwei seiner Jünger voraus und sagte zu ihnen: »Geht
in das Dorf, das vor euch liegt. Gleich, wenn ihr hineinkommt, findet ihr
einen jungen Esel angebunden. Auf ihm ist noch nie ein Mensch geritten.
Bindet ihn los und bringt ihn her. Und wenn jemand euch fragt: ›Was macht
ihr da?‹, dann sagt: ›Der Herr braucht ihn, aber er wird ihn gleich wieder
zurückschicken.‹« Die Jünger gingen in das Dorf und fanden
den Esel. Er war an einem Hoftor draußen an der Straße angebunden.
Sie machten ihn los. Und einige von denen, die dort standen, fragten sie:
»Was macht ihr? Wieso bindet ihr den Esel los?« Die zwei Jünger
antworteten den Leuten, wie Jesus es gesagt hatte. Da ließen sie
es zu. Sie brachten den Esel zu Jesus und legten ihre Mäntel auf seinen
Rücken. Und Jesus setzte sich darauf. Viele Leute breiteten ihre Mäntel
als Teppich auf der Straße aus. Andere aber legten Zweige hin, die
sie am Feldrand abschnitten. Und die Leute, die vor Jesus hergingen und
die nach ihm kamen, riefen immer wieder: »Hosanna! Stimmt ein in
unser Loblied auf den, der im Namen des Herrn kommt! Stimmt ein in unser
Loblied auf die Herrschaft unseres Vaters David, die jetzt neu beginnt.
Hosanna in himmlischer Höhe!« So zog Jesus in Jerusalem ein.
Er ging in den Tempel. Dort sah er sich alles an. Als es spät geworden
war, ging er mit den Zwölfen hinaus nach Betanien.
Stellen wir uns vor, diese
Szene wäre verfilmt, und wir würden sie uns jetzt anschauen.
Immer wieder könnten wir auf die Stopp-Taste drücken, den Film
kurz anhalten und uns darüber unterhalten, was wir gerade gesehen
haben. Ich würde die Stopps an den folgenden Stellen setzen.
Jesus lässt sich einen
Esel bringen
Dieser junge Esel lässt
verschiedene Assoziationen zu. Vom Propheten Sacharja wurde gut 500 Jahre
vor Jesu Geburt angekündigt, dass ein König auf einem Esel reiten
würde, um den Armen zu helfen (Sacharja 9,9). Jesus nimmt dieses
Versprechen auf. Er ist dieser angekündigte König, der sich den
Benachteiligten zuwendet, sie unterstützt und Frieden bringt. Er ist
der König der kleinen Leute, darauf deutet sein Reittier. Jesus will
als König seine Untertanen nicht beherrschen, sie nicht knechten,
sondern wendet sich ihnen in ihrer Not zu. Heute würde er wohl auf
einem „Drahtesel“, nicht in einer Luxuslimousine daher kommen.
Wenn Jesus zu den kleinen
Leuten wie Bartimäus kommt, dann kommt er auch zu mir in meiner Schwäche
und Bedürftigkeit. Er ist der König, der für mich da ist
und sich um mich kümmern will.
Sie legen ihre Kleider
auf den Esel und Boden
Vor einigen Jahren hatten
wir zum Palmsonntag alle Gänge im Gottesdienstraum mit Kleidern und
Zweigen ausgelegt. Doch wir hatten dafür nicht die besten Klamotten
aus dem Schrank genommen, sondern eher im Altkleidersack gewühlt.
Wer würde schon sein Lieblingsoutfit wie einen Putzlappen behandeln,
auf dem die Leute rumtrampeln?
Doch die Jünger und
die mitlaufende Menge hatten genau das getan. Sie hatten ihre Mäntel
ausgezogen und Jesus damit einen roten Teppich ausgerollt.
Ein Mantel war damals etwas
sehr Kostbares. Normale Menschen hatten höchstens einen davon. Wenn
man mal unterwegs übernachten musste, diente er sogar als kleines
Zelt. Der Mantel war lebenswichtig, und den verteilten die Leute auf der
Straße.
Ich ziehe daraus den Schluss,
dass diese Menschen wirklich von Jesus berührt waren. Sie vertrauten
ihm. Sie konnten ihre Mäntel loslassen, weil sie damit rechneten,
dass Jesus für sie sorgen konnte, wenn es nötig wurde.
Wie sieht es mit meinem
Vertrauen aus? Gerade in diesen Zeiten, wo so Vieles unsicher geworden
ist, manche um ihre Arbeit bangen, andere nicht wissen, wie sie die Miete
weiterzahlen sollen, wieder andere um ihre Lieben im Pflegeheim Angst haben,
liegt es doch näher, die Sicherheiten festzuhalten. Doch Palmsonntag
lehrt uns, dass Jesus für uns da ist, dass er der König der kleinen
Leute und ihm unsere Not bekannt ist. Vielleicht lernen wir gerade, dass
unsere Sicherheiten viel weniger wert sind, als wir dachten. Da ist es
doch einen Versuch wert, Jesus einfach mal machen zu lassen und zu entdecken,
was er in unserem Leben tut.
Die Leute loben Gott
Was Jesus mit seinem Einzug
nach Jerusalem bewirken wollte, wird in dieser Schilderung deutlich, die
Menschen sollten Gott loben. Palmsonntag ist Vergangenheit, doch wir schauen
uns die Geschichte auch mit einem Zukunftsaspekt an. Jesus versprach, dass
er einmal am Ende der Zeiten und vor Beginn der neuen Welt Gottes wiederkommen,
alle Welt ihn dann erkennen und anbeten wird. Einen zweiten Palmsonntag
stellte er praktisch in Aussicht. Sind wir dann bei denen, die ihm nachfolgen?
Und wie kann das Gott-Loben praktisch aussehen? Für mich sieht das
Gotteslob ganz bunt aus:
-
Singen und Musizieren zu Gottes
Ehre ist das Naheliegende. Wer gerne Musik macht, kennt dieses wunderbare
Gefühl, eins mit der Musik, mit anderen Musizierenden und mit Gott
zu sein. Ein Lied kann die Seele aus der Tiefe locken, ein Musikstück
die Tür zum Himmel öffnen. Gut, wenn wir das Singen und Spielen
auch in kontaktfreien Zeiten nicht verlernen, es am Handy oder einfach
für uns praktizieren. Wir bereiten uns auf den Palmsonntag der Zukunft
vor.
-
Beten können wir, mit
Gott reden und uns freuen über seine Gegenwart. Das braucht nicht
wohlformulierte Worte, sondern einfach ein offenes Herz, und dann kann
es aus uns heraussprudeln, wofür wir danken. Manchmal reicht es auch,
uns ganz still in Gottes Gegenwart zu setzen und zu staunen, dass wir da
nicht allein sind, sondern er uns spürbar nahe ist.
-
Vertrauen ist eine lebenslange
Übung, wir werden wohl in diesem Leben nie perfekt werden. Denn eine
kleine Stimme in unserem Hinterkopf meldet sich immer, wenn wir aus vollem
Herzen ein Problem oder ein Thema in Gottes Hand legen. Sie flüstert:
Sollte Gott sich wirklich darum kümmern? Ist Jesus wirklich Gottes
Liebeserklärung an mich oder nicht doch an die anderen? Will Gott
das Beste für mich? Da hilft es, die Mäntel der Selbstsicherung
mal ganz bewusst auszuziehen und zu bekennen, dass wir schwach sind, nicht
für alles eine Lösung wissen und darauf angewiesen sind, dass
andere unsere Mängel ausgleichen. Und wir werden merken, sobald sich
Gott kümmert, wächst unser Vertrauen, und wir können beim
nächsten Mal größere Lasten in seine Hand legen.
-
Aktiv Werden ist eine wunderbare
Form des Gotteslobs. Liebe schenken, für Frieden im eigenen Umfeld
sorgen, Vergebung praktizieren und sich vergeben lassen, aufbauen und kreative
Lösungen finden, darüber freut sich Gott. Er will ja nicht, dass
wir 24 Stunden auf dem Sofa sitzen und Loblieder singen, sondern dass der
Lobpreis uns motiviert, aufzustehen und die Welt in seinem Sinne zu gestalten.
Das Ziel ist Jerusalem
Welch ein Kontrast. Die
Mitziehenden jubeln Jesus zu, doch am Ziel, in Jerusalem wird man Jesus
feindselig empfangen, ja 5 Tage später kreuzigen. Jesus hätte
am Berghang gegenüber Jerusalem stehenbleiben und umkehren können.
Er hätte zurück ins kuschlige Galiläa ziehen und dort weiter
den Menschen nahe sein können. Doch er begibt sich bewusst in die
Hände seiner Gegner. Und mit ihm seine Leute. Was sie in diesen Tagen
erleben, wird die Geschichte der Christenheit prägen. Die ersten Christen
wurden verfolgt, und in einigen Teilen dieser Welt ist es bis heute so.
Auch wir kennen feindliche
Situationen, und was wir gerade erleben, ist ja auch nichts Anderes, eine
große, für manche tödliche Gefahr, die uns alle mitzureißen
droht. Statt miteinander Palmsonntag zu feiern, sind wir mit Kontaktverboten
überall in der Welt belegt.
Mit Jesus zu ziehen, heißt,
wir müssen keine Angst vor der feindlichen Krise haben. Es kann sein,
dass wir wie Jesus leiden werden, ja, auch der Tod ist möglich. Wir
haben keine Garantie, dass der Palmsonntag- Jubel für alle Zeit erschallt.
Aber wir haben das Versprechen, dass Jesus uns auch in die Not vorangeht,
dass er uns mit sich ziehen wird, dass der Tod nicht das Ende ist, sondern
mit ihm ein neues Leben in seiner Gegenwart möglich wird.
Bis dahin dürfen wir
mutig weitergehen, mit Jesus, mit seinem Frieden im Herzen, mit Vertrauen
auf ihn und dem Blick nach oben und vorn. Und wo immer wir jetzt sind,
können wir in den Jubel einstimmen:
Gelobt sei, der da kommt
im Namen des Herren, Hosianna in der Höhe!
Cornelia
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