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Liebe Gemeinde,
So existenziell, vom Tod bedroht, warten wir wahrscheinlich nicht auf Gottes Kommen in unsere Situation, aber die Sehnsucht nach Hilfe von außen ist doch gegenwärtig. Wir hoffen auf einen Impfstoff, der uns vor Covid-19 schützt und uns zu normalem gemeinschaftlichem Leben zurückkehren lässt. Wir hoffen, dass es wieder wird wie früher. Wir hoffen auf eine offene Tür in die Zukunft. Advent ist Wartezeit auf Gottes Kommen in die Niederungen unseres Lebens und unserer Welt. Dass Gott die Gefängnistüren aller Art aufreißt und uns in die Freiheit führt. Auf Gottes Kommen warteten zwei alte Menschen in Jerusalem, die uns das Lukasevangelium vorstellt, Simeon und Hanna. Wir erfahren etwas von ihrer Lebensführung und vor allem von ihrer Begegnung mit Jesus. Lukas 2,25-32+36-38
Maria und Josef
Schon 40 Tage nach der Geburt begann die Ablösung von seiner leiblichen Familie. Der Vater im Himmel zog ihn in seine Gegenwart. Er gab Jesus eine Aura, die andere auf ihn, den Säugling, aufmerksam werden ließen. Simeon
Simeons Lebensinhalt war, auf den „Trost Israels“ zu warten. Er wollte diesen Trost nicht für sich selbst, sondern für Israel. Er hoffte, dass Gott seine Leute, die er herausgeliebt hatte, wieder aufsuchen würde, dass er auch sie wie ein warmer Mantel umgab und sie mit ihm in Kontakt waren. Trost verstehe ich so: nicht mehr allein und orientierungslos zu sein, sich gehalten und geführt zu wissen, eine Zukunftsperspektive zu haben, die aus der politischen Unterdrückung und Krise herausführt. Die Wege von Simeon und der kleinen Familie kreuzten sich. Simeon erkannte in Jesus den erwarteten Trost Israels. Er empfing ihn aus Marias Armen und pries Gott. Nicht nur er selbst hatte in Jesus das Licht Gottes gesehen, sondern dieses Licht, Jesus, leuchtete nun in die ganze Welt. Er hatte ein Leben lang auf dieses Licht Gottes gewartet, nun war er bereit zu sterben. Simeon leitet uns an, in seine Rolle in der Geschichte Israels zu schlüpfen, dass wir wie er zu Wartenden und Hörenden werden. Vielleicht warten wir darauf, dass Gott unsere persönlichen Grenzzäune öffnet. Dass er uns tröstet und uns gewiss macht, dass es einen Ausweg gibt. Vielleicht warten wir darauf, dass Gott uns heilt. Nicht nur um Krankheiten geht es, auch um kranke Beziehungen, unversöhnliche Gräben zwischen Menschen, unvereinbare Ansichten, wie wir das auch jetzt gerade in der Corona-Zeit erleben. Mit unserer eigenen Kraft sind wir da schnell am Ende, können diese Verwerfungen nicht überwinden. Da braucht es Gott, der die Türen von außen öffnet und Gräben zuschüttet. Simeon empfing Jesus, nahm ihn in die Arme. Ja, das ist wohl die Geste, mit der wir Jesus auch gegenübertreten sollten, ihn in die Arme schließen, ihn einladen ins eigene Leben, ihm darin Wohnrecht geben. Wenn Jesus in unseren Armen ist, beschenkt er uns mit seinem Heiligen Geist. Wir bekommen Impulse für den richtigen Moment für einen ersten Schritt oder eine klärende Aussprache. Wir werden durch Jesus verändert und selbst zu Adventsmenschen. Hanna
Schlüpfen wir in Hannas Rolle, spüren wir ihre Freude über Jesus. So lange hatte sie auf ihn gewartet, Gott gebeten, dass er sich zeigt, und nun sieht sie dieses Baby und weiß, dass hier Gott selbst gekommen ist. Davon erzählt sie den Leuten. Vor zwei Wochen las ich einen Artikel in der „Zeit“. Eine Frau beschrieb ihren geistlichen Werdegang, wie sie als Kind mit ihren Eltern selbstverständlich in die Kirche ging, doch dieser Glaube sich im Erwachsenwerden verloren hatte. Seitdem ist sie auf der Suche nach Antworten. Sie würde sie gerne von Christen bekommen. Doch die schweigen, niemand fordert sie heraus, bemüht sich um sie, signalisiert ihr, dass er oder sie ihr den Glauben an Jesus Christus nahebringen will. Dieser Artikel machte mich nachdenklich. Hanna erzählte allen um sie herum, dass sie Jesus gefunden hatte und dass dieser Jesus auch für die anderen wichtig war. Brennt in mir auch eine solche Leidenschaft, anderen von Jesus zu erzählen? Ja, wahrscheinlich bin ich sogar leidenschaftlich für Jesus, aber ich möchte mich niemand aufdrängen, keine negativen Klischees von missionierenden übereifrigen Christen bedienen, nicht den Eindruck erwecken, übergriffig zu sein. Dabei verfalle ich leicht ins Gegenteil. Die vornehme Zurückhaltung wirkt wie Desinteresse. Als ob Christsein sich nur in geschlossenen Kirchenräumen abspielt und wir nur unter uns bleiben. Hanna lehrt mich, meine Umgebung in den Blick zu bekommen und mutiger die Fragen des Lebens anzusprechen. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Was erwartest du vom Leben, und wohin gehst du, wenn du Probleme hast? Was gibt dir Hoffnung, und wer schützt dich? Als Hanna würde ich
sagen: Ich bin glücklich, dass Jesus mir begegnet ist und ich weiß,
er sieht mich, lässt mich nicht los und führt mich über
diese ungewisse, hügelige Lebensstrecke. Auch wenn ich den Sinn von
manchen Wegführungen nicht erkennen kann, auch wenn mir das Gehen
schwerfällt und ich mir nicht vorstellen kann, wo das alles noch einmal
enden soll, dann bin ich gewiss: Es endet in Jesu Armen, der mich in die
neue Welt Gottes trägt. So hat das Hanna bezeugt und mit ihr Simeon:
Simeon und Hanna waren Menschen des Advents, in ihren Fußstapfen werden wir auch zu Menschen im Advent, die den Heiligen Geist wie ein Lieblingskleidungsstück tragen und die Impulse Gottes hören. Welch ein Geschenk. Cornelia
Trick
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