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Lukas 13,10-13
Liebe Gemeinde, liebe Freunde,
Psalm 8,1-10
HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel! Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen. Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan: Schafe und Rinder allzumal, dazu auch die wilden Tiere, die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und alles, was die Meere durchzieht. HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen! Dieser Psalm zieht in den Bann. Schon die Überschrift
lässt aufmerken. David zählte auf, woran er Gottes Größe und Souveränität erkennen konnte. Er begann mit den Kleinsten, den Säuglingen. Schon ihr Geburtsschrei war für David Zeugnis von Gottes Willen zum Leben. Wer anders als Gott konnte Menschen Leben schenken? Für David war diese Urerfahrung genug Beweiskraft gegen die Leute, die die Existenz Gottes leugneten. Der Lebensschrei zeigte ihm, dass Gott auf der Seite des Lebens steht und Zukunft will. Gleich nach den Säuglingen wechselte David die Perspektive und pries die Größe des Weltalls, die er nicht ermessen konnte. In diesem Spannungsfeld zwischen Säugling und Weltall sah sich David als kleiner unbedeutender Mann, der vor einer Höhle in der Wüste saß. Woher nahm er Mut zum Leben? Abgeleitet von der Fürsorge Gottes, die schon einem Säugling galt, berief sich David darauf, dass Gott sich um ihn kümmerte. Selbst der einsame Mann in der Wüste war bei Gott namentlich bekannt und wichtig. In einer einzigartigen Weise verband sich Gott mit ihm und gab ihm die Bedeutung, die David von seinen Feinden nicht bekam. Denn Gott ließ ihn nicht einfach dahin vegetieren und füllte ihm nur bei Bedarf die Futterkrippe, sondern gab ihm einen Auftrag, mit dem er ihn zum Mitarbeiter machte. Gott gibt dem Menschen eine Arbeit, für die er verantwortlich ist. Die Schöpfung Gottes ist das Arbeitsgebiet des Menschen, darum soll er sich nach Gottes Weisung und seinem Willen kümmern. Wie Gott auf der Seite des Lebens steht, so soll der Mensch alles daran setzen, diesem Konzept der Schöpfung gerecht zu werden, das Leben zu fördern, den Frieden zu halten, den Geringsten besondere Zuwendung zuteil werden zu lassen. Darin sah David die Krone, die Gott dem Menschen aufsetzt. Er oder sie soll Gottes Liebe zu seiner Welt durch den ganz persönlichen Beitrag zum Ausdruck bringen und seine Gaben und Fähigkeiten einsetzen, um Gott zu loben zusammen mit allen Geschöpfen dieser Erde. Den Psalm mitzusprechen, das Loblied mitzusingen klingt so einfach. Loben wir den Schöpfer als seine Geschöpfe, indem wir unsere Verantwortung für die Schöpfung wahrnehmen und seinen Willen zum Leben verwirklichen. Das gibt uns Vertrauen und Hoffnung auch angesichts von ausweglosen Situationen. Doch wir kommen nicht daran vorbei, auch den Bruch zu erkennen, durch den wir den Blickkontakt zu Gott verloren haben. Statt unsere Augen auf Gott zu richten, haben wir uns selbst in die Mitte gerückt, sind dabei immer buckliger geworden, verkrümmter und ichbezogener. An einem Brückenpfeiler auf der A8 zwischen Ludwigsburg und Heilbronn steht groß geschrieben "Ego". An diesem Brückenpfeiler bin ich in den letzten Wochen öfter vorbei gekommen. Wer schreibt ein solches großes Ego auf eine Fläche öffentlicher Aufmerksamkeit? Könnte dieses Ego nicht jedem und jeder gehören, die nur noch den eigenen Bauchnabel sieht und verzweifelt ist, weil der Blick in die Zukunft versperrt ist, sie keine Hilfe in sich selbst findet und nach Zuwendung schreit, die sie aus dem Egoismus heraus reißt? Denn nur noch sich selbst zu sehen widerspricht dem Loblied Davids an entscheidender Stelle. Wenn nicht mehr Gott das Leben gibt, sondern Ich, dann gibt es keine Instanz mehr, der ich mich in meiner Begrenztheit anvertrauen kann, der ich aber auch Rechenschaft schuldig bin. Es kommt zu Machtmissbrauch und Ausbeutung, zur Verweigerung der Menschenwürde und Verhältnissen, wie wir sie tagtäglich in den Nachrichten mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen. Auf der anderen Seite sind Menschen in tiefer Einsamkeit allein gelassen, die sich ungeborgen fühlen, verraten, entsorgt. Die nichts von Gottes Kümmern wissen, seine Stimme nicht verstehen, wie er nach ihnen ruft, und keinen Auftrag erkennen können, den nur sie von ihm her in dieser Welt haben. Diesen Bruch hat Gott nicht hingenommen. Er sandte seinen Sohn Jesus Christus, der uns in der Sprache, die wir verstehen, Gottes Liebe zeigt und uns heilen will. An dieser Stelle mag Jesus seine Auslegung des Psalms in der Synagoge unterbrochen haben. Er ließ seinen Blick über die Gemeinde schweifen und suchte nach einer Frau, die ihn an diesem Tag besonders brauchte. Er fand sie im Frauenbereich der Synagoge. Sie war seit 18 Jahren krank, hatte eine Wirbelsäulenverkrümmung und litt körperlich an der Krankheit, an der die Menschheit in ihrer Seele seit Anbeginn leidet. Sie konnte nur noch sich selbst sehen. Man redete über sie und schrieb diese Krankheit dem Teufel zu. Denn wer sonst sollte sie davon abhalten, nach vorne frei ins Leben zu schauen, wenn nicht der Widersacher Gottes. Jesus sah diese Frau und legte ihr die Hand auf. Er richtete sie mit dieser segnenden und heilenden Hand auf und heilte ihren krummen Rücken. Ihre erste Reaktion mag erstaunen. Sie pries Gott. Sie richtete den Blick nicht länger auf sich selbst und ihre Schwäche, auch nicht auf ihre Bedürfnisse und Wünsche, sondern auf Jesus, der vor ihr stand. Diese Beziehung gab ihr Zukunft und Hoffnung. Ihr neu geschenktes Leben war ein Leben mit Gott, das sie frei machte von Angst, aber auch frei für andere. Vielleicht fühlen wir uns wie diese Frau im Gottesdienst. Wir sind bedrückt, belastet, gekrümmt. Die Sorgen um unsere Existenz sind so schwer, dass sie uns den Blick zum Nächsten versperren. Sie lassen uns auch nicht unbekümmert das Loblied auf Gottes Willen zum Leben singen, weil wir so sehr mit uns selbst beschäftigt sind. Jesus möchte uns in diesem Gottesdienst begegnen, wie er der Frau damals begegnet ist. Er legt uns seine Hand auf, die uns heilt. Sicher, Jesus ist heute anders erfahrbar als damals in der Synagoge. Doch durch seinen Geist hat er viele Möglichkeiten, uns seine Hand aufzulegen. Er tut es durch die Lieder, die wir miteinander singen. Er wirkt in den Händen, die wir nachher schütteln und uns zum Trost gegenseitig um die Schultern legen. Er tut es durch das Loblied des David, indem er unseren Blick aus dem Alltag vor den Füßen herausreißt und uns erinnert an Geschehnisse, die uns den Schöpfer erfahren ließen. Er tut es durch die Gedanken, die er lenkt und führt. Doch egal, wie seine Hand uns berührt, er sieht uns genauso wie die Frau damals, die wir um Hilfe schreien, weil wir nichts mehr vor uns erkennen können, das uns Mut macht. Psalm 8 kann uns eine große Hilfe sein, an diesen Worten entlang Gottes Güte neu zu erfahren, der uns zutraut, mit ihm unseren Auftrag in der Welt neu anzupacken und in unserem Einflussbereich Sorge zu tragen, dass Gottes Wille geschieht:
HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen! (Psalm 8,10) Cornelia
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