Ich hab jetzt einen Freund
Gottesdienst zur Einsegnung am 04.05.2008

Maskenladen

Liebe Gemeinde,
die Jugendlichen haben es uns eben sehr anschaulich in ihrem Maskenladen vorgespielt. Masken sind nicht nur etwas für die Faschingszeit, sie sind Hilfsmittel in vielen Situationen des Lebens. Ob man sich die Gunst einer reichen Erbtante mit Hilfe einer Maske erschleichen will, ob man jederzeit "gut drauf" wirken will, ob ein Vorstellungsgespräch naht und man sich dafür das entsprechende Image zulegen will, immer geht es darum, die wahren Gedanken und Gefühle zu verbergen und so aufzutreten, wie es die Umwelt erwartet. Das kann sogar dazu führen, dass man, wie Kunde 9 es erlebt hat, unter der Maske kein wahres Gesicht mehr hat. Dann tauchen die echten und erschütternden Fragen auf: Wer bin ich eigentlich? Weiß ich noch, was ich mir wirklich wünsche? Habe ich selbst einen Plan für mein Leben? Und hat mich irgendjemand lieb, auch wenn ich gar keine Maske trage und völlig ungeschminkt bin? Der letzte Kunde hat offensichtlich Antwort auf seine Fragen gefunden, denn er gibt die Maske im Laden zurück. Er braucht sie nicht mehr, denn er hat jetzt einen Freund gefunden. Der mag ihn offensichtlich am liebsten ohne Maske, bei dem darf er ehrlich sein, der kennt ihn.

In der Bibel habe ich einen Mann kennen gelernt, der gut dieser letzte Kunde sein könnte. Die Bibel schreibt über ihn:
Jesus ging nach Jericho hinein und zog durch die Stadt. In Jericho lebte ein Mann namens Zachäus. Er war der oberste Zolleinnehmer in der Stadt und war sehr reich. Er wollte unbedingt sehen, wer dieser Jesus sei. Aber er war klein, und die Menschenmenge versperrte ihm die Sicht. So lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum, um Jesus sehen zu können; denn dort musste er vorbeikommen. Als Jesus an die Stelle kam, schaute er hinauf und redete ihn an: "Zachäus, komm schnell herunter, ich muss heute dein Gast sein!" Zachäus stieg schnell vom Baum und nahm Jesus voller Freude bei sich auf. Alle sahen es und murrten; sie sagten: "Bei einem ausgemachten Sünder ist er eingekehrt!" Aber Zachäus wandte sich an den Herrn und sagte zu ihm: "Herr, ich verspreche dir, ich werde die Hälfte meines Besitzes den Armen geben. Und wenn ich jemand zuviel abgenommen habe, will ich es ihm vierfach zurückgeben." Darauf sagte Jesus zu ihm: "Heute ist dir und deiner ganzen Hausgemeinschaft die Rettung zuteil geworden! Auch du bist ja ein Sohn Abrahams. Der Menschensohn ist gekommen, um die Verlorenen zu suchen und zu retten." 

Zachäus hatte drei Probleme. 

  • Er war einsam. Als Chef der Finanzbehörde war es für ihn nicht einfach, Freundschaften zu schließen. Die Einwohner Jerichos mochten ihn nicht, schließlich bereicherte er sich auf ihre Kosten. Die Kollegen musste er sich auf Abstand halten, um seine Position zu bewahren. Zu viele Neider werden auf seinen Posten scharf gewesen sein.
  • Zachäus hatte keine reine Weste. Seine Abrechnungen stimmten nicht, denn er zweigte sich hier und da etwas für die eigene Kasse ab. Vielleicht tat er es mit dem Bewusstsein, sich nur das zu nehmen, was ihm eigentlich aufgrund seiner vielen Arbeit sowieso zustand. Aber vor dem Gesetz hätte sein Verhalten einen Regelverstoß bedeutet. Das muss Zachäus bewusst gewesen sein.
  • Der Mann war klein. Und zwar nicht nur klein innerhalb einer großen Bandbreite von menschlicher Körpergröße, sondern so auffallend klein, dass die Bibel seine Körpergröße erwähnt und er einen ganz ungewöhnlichen Aussichtspunkt aufsuchen musste, um Jesus überhaupt sehen zu können. Zachäus fehlte vielleicht nicht nur wegen der fehlenden Zentimeter der Überblick und Weitblick.
Die Maske, die er sich im Maskenladen ausgesucht hatte, ließ ihn als wohlhabenden Bürger erscheinen, der Macht über viele Menschen ausübte. Die Botschaft der Maske lautete: "Ich bin cool, angesehen und stehe ganz oben (obwohl ich klein bin)".

Die Maske wurde Zachäus offensichtlich lästig. Zwar schien er ein erfolgreicher Mann zu sein und sich mit seinem Geld kaufen zu können, was er wollte, doch dies überdeckte nicht seine innerste Sehnsucht: Ich brauche jemand, der mich liebt. So hörte er von Jesus und wollte ihn unbedingt treffen. Er suchte Jesus und wählte den Baum für die bessere Übersicht. Doch auch Jesus schien Zachäus zu suchen. Er schaute nicht auf die Menschen, die ihn auf Augenhöhe umringten, sondern hob seinen Blick und fand Zachäus auf dem Baum sitzend. Er sah durch die Maske hindurch direkt ins Herz von Zachäus. Er sah dort wohl das große Loch der Einsamkeit, die innere Leere, die Sehnsucht nach Heimat. 

Jesus antwortete auf den stummen Hilfeschrei des mächtigen, betrügerischen und unter dem mangelnden Weitblick leidenden Zachäus. Er sagte zu ihm "Ich muss heute zu dir kommen." Bei dieser Tischgemeinschaft ereignete sich die Kehrtwende. Jesus teilte das Brot, er bot Zachäus die Freundschaft Gottes an. Und Zachäus nahm das Brot von Jesus und bekannte: "Ich bin einsam, ich kann und will nicht so verlogen weitermachen, ich suche einen Freund fürs Leben." Und er ging noch weiter und packte den Rucksack an Schuld aus, den er mit sich herumgeschleppt hatte und dessen Last ihn immer kleiner werden ließ. "Ich habe Leute betrogen, meinen Reichtum auf Kosten anderer angehäuft. Ich habe Gott betrogen, denn ich habe nie gefragt, was er von mir will. Mein Wohlstand und Ansehen war mir wichtiger als Gott." Diese Kehrtwende bei Tisch führte zu einem neuen Anfang. Zachäus wollte nun den Armen helfen und den Betrogenen alles vierfach erstatten. Die Kehrtwende bedeutete eine Lösung seiner drei Probleme:

  • Der einsame Mann war nun mit Jesus zusammen. Und er konnte mit den Leuten zusammen sein, die er vorher betrogen hatte. Er brauchte keine Maske, denn er hatte nichts mehr zu verstecken.
  • Er war nun ein Mann, dem vergeben worden war. Jesus hatte ihn befreit von seinen Lasten, das ließ ihn unendlich froh und frei werden.
  • Als kleiner Mann bekam er nun Weitsicht. Er brauchte keine Bäume mehr, um Jesus zu finden. Jesus war bei ihm. Er war sein bester und nächster Freund geworden. Er gab ihm Weitblick.
Welche Maske tragen wir? Was wollen wir hinter der Maske verstecken? Ist es vielleicht auch unsere Unsicherheit, unsere Angst, allein zu sein? Sind es Situationen, in denen wir etwas falsch gemacht haben, was sich nicht wieder gutmachen ließ? Behalten wir unsere Masken auf, wird sich nichts verändern. Wir bleiben hinter der Maske allein. Jesus möchte uns anschauen durch alle Masken hindurch. Er will in unser Leben treten und uns seine Freundschaft anbieten. Ja, mehr noch. Er ist für uns am Kreuz gestorben, damit alle Schuld endgültig vergeben ist und wir neu anfangen können mit ihm. 

Jesus sucht Maskenträger und kann durch die Masken hindurch sehen. Er erkennt die unsichtbare Zauberschrift auf der Maske: Partner gesucht! Und er will nicht nur der Mitspieler des Lebens werden, der immer zur Verfügung steht, wenn uns mal nach einem Tennispartner zu Mute ist. Er will unser Teilhaber werden, wie bei Zachäus uns helfen, unser Leben auf die Reihe zu bekommen. Er wird einen neuen Anfang mit uns machen und uns die Weite des Lebens zeigen.

Ihr feiert heute euren Tag der Einsegnung. Viele Eindrücke werden im Laufe des Tages auf euch einströmen. Vielleicht behaltet ihr den Maskenladen in Erinnerung mit dem letzten Kunden:
Kunde: Ich möchte diese Maske zurückgeben. 
Maskenhändler: Passt Sie Ihnen nicht? Brauchen Sie eine andere?
Kunde: Nein, nein. Ich brauche gar keine Maske mehr. Wissen Sie, ich hab' jetzt einen Freund.
Maskenhändler: Wie Sie wollen: (für sich) Der ist der erste, der keine Maske mehr braucht.

Jesus sucht euch und findet euch. Er kann euer Innerstes lesen und verstehen. Er nimmt euch an die Hand und will euer bester Freund und Teilhaber eures Lebens sein und bleiben.

Cornelia Trick


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