Gottesdienst am 19.4.2020
in Brombach, wegen der Corona-Pandemie ohne anwesende Gemeinde
Liebe Gemeinde,
es war eine anstrengende
Phase in unserem Leben, die Eltern brauchten uns, die Kinder waren zu versorgen,
der Beruf forderte, ich hatte damals oft das Gefühl, dem allen nicht
gerecht zu werden. Traten zudem Probleme auf, fragte ich mich nicht nur
einmal: Wo ist Gott, der mir beisteht? Vor lauter Problem-Bergen um mich
herum kann ich ihn nicht sehen.
An einem solchen Tag klingelte
das Telefon. Eine Frau, die mich seit meiner Kindheit kennt, rief mich
ganz unvermutet an. Bisher hatten wir noch nie Telefonkontakt gehabt. Sie
erzählte, dass sie im Gebet einen Drang gespürt hatte, mich anzurufen.
Und so fragte sie, wie es mir gerade ging. Ich schüttete ihr mein
Herz aus. Sie konnte mir weder mit den Eltern konkret helfen noch meine
nächsten Predigten oder Bibelstunden vorbereiten, aber sie gab mir
einen neuen Blick. Zwischen den Bergen konnte ich Gott erkennen, wie er
auf mich schaute. Sie öffnete mir das Herz für Gottes Liebesbekundungen
an diesem Tag.
Das war eine eindrückliche
Ostererfahrung. Auf meinem Weg gesellte sich Jesus durch diese Frau zu
mir und holte mich aus Dunkelheit in Gottes Licht.
Am Ostertag waren zwei
zutiefst enttäuschte, verwirrte und mutlose Männer unterwegs
von Jerusalem nach Emmaus. Sie hatten ihre ganze Hoffnung auf Jesus gesetzt,
ihm ihr Leben anvertraut. Sie wollten mit ihm Gottes Reich voranbringen.
Jetzt war Jesus tot und mit ihm alle Hoffnungen. Was sollte nun werden?
Lukas 24,13-35
(zusammengefasst)
Am selben Tag waren zwei
Jünger unterwegs zu dem Dorf Emmaus. Es liegt etwa sechzig Stadien
von Jerusalem entfernt. Sie unterhielten sich über alles, was sie
in den letzten Tagen erlebt hatten. Dann kam Jesus selbst dazu und schloss
sich ihnen an. Aber es war, als ob ihnen jemand die Augen zuhielt, und
sie erkannten ihn nicht. Er fragte sie: »Worüber seid ihr unterwegs
so sehr ins Gespräch vertieft?« Da blieben sie traurig stehen.
Der eine – er hieß Kleopas – antwortete ihm: »Du bist wohl
der Einzige in Jerusalem, der nicht weiß, was dort in diesen Tagen
passiert ist?« Jesus fragte sie: »Was denn?« Sie sagten
zu ihm: »Das mit Jesus von Nazaret! Und sie erzählten ihm alles
bis hin zum leeren Grab. Da antwortete Jesus ihnen: »Warum seid ihr
so begriffsstutzig und tut euch so schwer damit zu glauben, was die Propheten
gesagt haben? Musste der Christus das nicht alles erleiden? Und Jesus erklärte
ihnen, was in den Heiligen Schriften über ihn gesagt wurde – angefangen
bei Mose bis hin zu allen Propheten. So kamen sie zu dem Dorf, zu dem sie
unterwegs waren. Jesus tat so, als wollte er weiterziehen. Da drängten
sie ihn: »Bleibe doch bei uns! Es ist fast Abend und der Tag geht
zu Ende!« Er ging mit ihnen ins Haus und blieb dort. Dann, nachdem
er sich mit ihnen zum Essen niedergelassen hatte, nahm er das Brot und
sprach das Dankgebet. Er brach das Brot in Stücke und gab es ihnen.
Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen und sie erkannten ihn. Im selben
Augenblick verschwand er vor ihnen. Sie sagten zueinander: »War unser
Herz nicht Feuer und Flamme, als er unterwegs mit uns redete und uns die
Heiligen Schriften erklärte?« Und sofort sprangen sie auf und
liefen nach Jerusalem zurück. Dort fanden sie die elf Jünger
beieinander, zusammen mit allen anderen, die zu ihnen gehörten. Die
beiden erzählten ihnen, was sie unterwegs erlebt hatten und wie sie
den Herrn erkannten, als er das Brot in Stücke brach.
Die beiden Jesus-Jünger
waren nur zwei Stunden zwischen Jerusalem und Emmaus unterwegs, Gott hatte
sie allein gelassen, so fühlten sie sich jetzt. Ihr Weg hätte
auch deutlich länger dauern können, Tage, Monate und Jahre. Jemand
lässt seine Enttäuschung hinter sich und will einfach nur weg.
„Emmaus“ als Zufluchtsort, ein Fluchtpunkt nach niederschmetternden Erfahrungen.
Verlassenheitsmomente können vielfältig sein. Der Freund, der
seine neue Stelle fest hatte und nun durch den Corona-Lockdown darum bangt,
wann er anfangen kann. Oder die Bekannte, die nicht mehr arbeiten kann,
weil ihr Geschäft geschlossen werden musste. Da können Fragen
aufkommen, wo Gott ist und warum er nicht hilft.
Wir stellen uns Kleopas
und seinen Leidgenossen vor, wie sie mit hängenden Köpfen liefen
und die Warum-Frage rauf und runter diskutierten, aus ihrem Gedankenkarussell
gar nicht mehr herauskamen.
1. Veränderung
Jesus gesellt sich zu
den Männern, sie erkennen ihn nicht. Der Auferstandene ist offenbar
nicht auf Anhieb zu identifizieren. Den Jüngern erscheint er einmal
als Rufer am Seeufer, der die fischenden Jünger zum Essen einlädt.
Maria aus Magdala ist Jesus als Gärtner begegnet. Die beiden hier
nehmen Jesus als Mit-Wandernden wahr. Der Auferstandene stößt
zu ihnen, und zunächst ist an ihm nichts Besonderes. Erst wenn er
sich selbst offenbart, werden ihn die Wanderer erkennen.
Jesus fragt nach, was die
Jünger beschäftigt. Sie können sich alles von der Seele
reden. Danach ist Jesus dran und setzt alles in einen neuen Verstehensrahmen.
Gott ist Mensch geworden, damit die Menschen ihn wahrnehmen. Er ist ihren
Weg bis in den Tod gegangen, damit sie nie mehr allein sein müssen.
Jesus ist auferstanden und wird die Menschen zu sich ziehen. Ja, das wussten
die Jünger eigentlich, aber sie haben sich Jesu Weg anders vorgestellt.
Ihr Herz wurde warm und eine kleine Hoffnung keimte auf. Sollte mit Jesu
Tod doch nicht alles aus sein? Ist Jesu Tod stattdessen größte
Gottesnähe?
2. Veränderung
Die drei kommen an eine
Weggabelung. Die Jünger haben ihr Ziel erreicht, Jesus schickt sich
an weiterzugehen. Werden sie ihn gehen lassen? Sie haben ja nun genug erfahren,
können in Ruhe darüber nachdenken und später entscheiden,
was sie mit den Informationen anfangen können. Es wäre eigentlich
jetzt der Punkt sich zu verabschieden von dem Mit-Wanderer.
Doch die enttäuschten
Jünger zeigen auf einmal Initiative und Interesse. Jesus soll bei
ihnen bleiben, wohl nicht nur, weil es Nacht wird. Sie spüren offenbar,
dass sie ihn brauchen, dass seine Gegenwart darüber entscheidet, ob
sie einen Weg in die Zukunft finden.
Solche Entscheidungspunkte
gibt es auch bei mir. Ich weiß, dass Gott für mich da ist. Ich
weiß, dass er mich liebt. Ich weiß sogar mehr noch als die
Jünger damals, dass Jesu Tod ein Neuanfang war. Aber nötige ich
Jesus zum Bleiben? Lade ich ihn ein in mein Lebenshaus? Traue ich ihm zu,
dass er meine Themen bearbeitet, meine Sorgen trägt, meine Entscheidungen
beeinflusst? Bin ich bereit, mir seine Sicht der Dinge zu eigen zu machen?
Wenn ich Jesus zum Bleiben
einlade, dann hilft es, dies mit kleinen Erinnerungen im Alltag umzusetzen.
-
Ein Tagebuch kann helfen,
jeden Tag etwas aufzuschreiben, das mich an Jesus erinnert und festzuhalten,
was ich ihm ans Herz lege.
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Ich habe mir ein paar einfache
Spielfiguren gekauft. Wenn ich ein besonderes Gebetsanliegen habe, das
eine bestimmte Person betrifft, dann stelle ich eine Figur vor ein kleines
Kreuz. Das hilft mir, die Sorgen um diese Person mit Jesus zu teilen.
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Eine erzählte, wie sie
ein Bibelwort an ihren PC heftet. Sie arbeitet viel am Computer, und immer
wieder streift ihr Blick das Wort, das ihr Kraft gibt und sie erinnert:
Jesus ist bei dir.
Diese kleinen Aktionen sind
nichts anderes als eine Einladung, dass Jesus bei uns bleiben möge,
weil wir ihn brauchen.
3. Veränderung
Der Gast wird zum Gastgeber.
Er bricht wie ein Hausherr der damaligen Zeit, das Brot. Die Männer
erkennen Jesus an dieser Geste wieder, und sie verstehen, dass er sie nicht
allein lässt. Sie brauchen ihn nicht länger körperlich anwesend,
sondern wissen, er ist da, begleitet ihre Wege, gibt auf sie acht. Nun
erkennen sie ihn, und ihre Trauer wird zum Osterjubel. Sofort machen sie
sich auf, kehren um, um den anderen in Jerusalem von ihrem Erlebnis zu
erzählen.
Und danach? Wahrscheinlich
werden sie selbst zu Mit-Wandernden, die sich um Menschen kümmern,
die keine Hoffnung haben. Sie werden helfen, das Erlebte in den richtigen
Rahmen der Liebe Gottes zu setzen. Sie werden mit den Menschen warten,
bis Jesus selbst sich zu erkennen gibt.
An welcher Station der
Veränderung bin ich, sind Sie?
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Niedergeschlagen, enttäuscht,
vielleicht sogar verzweifelt? Dann hören wir aus dieser Osterbegegnung
die Aufforderung, uns auszusprechen und zu wissen, Jesus hört zu und
setzt den Rahmen zum Verstehen.
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An wichtigen Weggabelungen?
Dann dürfen wir Jesus bitten, mit uns zu kommen und bei uns zu bleiben,
weil wir ihn brauchen.
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Am Tisch mit Jesus als Gastgeber?
Dort werden wir gestärkt von seiner Gegenwart, erfüllt von seiner
Freude und ermutigt, selbst zu Wegbegleitern zu werden.
„Und
ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück,
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“
(Psalm 23,4)
Cornelia
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