Fortbildung durch Pfingsten (Apostelgeschichte 10,44-48)
Gottesdienst am 31.5.2020 in Brombach

Liebe Gemeinde,
an meinem Bücherregal hängt seit einem Jahr eine Karikatur aus der Zeitung. Pastor Kleinschmidt fragt im Religions-Unterricht, was denn Pfingsten bedeutet. Ein Schüler meldet sich: „Wenn man 3 Stunden im Stau steht?“ Unter dem Bild heißt es „Pastor Kleinschmidts resignierende Momente“. Ja, es ist immer wieder spannend, mit Leuten in ganz verschiedenem Alter über Pfingsten ins Gespräch zu kommen. In einer kleinen Runde hatten wir es auch davon. Als die anderen ihre mehr oder weniger große Ratlosigkeit zum Ausdruck gebracht hatten, war es an mir, Pfingsten zu erklären. Doch das war gar nicht so einfach. Wie beschreibt man den Heiligen Geist, der nicht sichtbar ist, nicht von jedem zu spüren, der viel bewegt, was aber eben nicht für alle eindeutig zuzuordnen ist? 

Die Pfingst-Ereignisse, die in der Apostelgeschichte beschrieben sind, helfen, das Wirken des Heiligen Geistes besser zu verstehen. So auch eine Begegnung in Cäsarea am Meer, etwa 70 km nordwestlich von Jerusalem an der Mittelmeerküste gelegen. Dort traf sich eine kleine Hausgemeinde, Familie und Freunde eines römischen Hauptmanns mit Namen Kornelius. Sie hörten Petrus zu, der auf Anfrage des Kornelius aus Joppe zu ihnen gekommen war und nun predigte.

Apostelgeschichte 10,44-48
Während Petrus noch redete, kam der Heilige Geist auf alle herab, die ihm zuhörten. Es waren auch Glaubende jüdischer Herkunft anwesend, die mit Petrus dorthin gekommen waren. Sie waren sehr erstaunt, dass die Gabe des Heiligen Geistes auch über Heiden ausgegossen wurde. Sie hörten nämlich, wie die Versammelten in fremden Sprachen redeten und Gott priesen. Darauf sagte Petrus zu seinen Begleitern: »Wer kann diesen Menschen jetzt noch das Wasser für die Taufe verweigern? Sie haben doch genau wie wir den Heiligen Geist empfangen!« Er ordnete an, sie im Namen von Jesus Christus zu taufen. Danach baten sie Petrus, noch einige Tage bei ihnen zu bleiben.

In der Hausgemeinde ist es Pfingsten geworden. Die Leute hatten von Jesus gehört, wollten mehr von ihm erfahren, ihn besser kennenlernen. Während Petrus von Jesus erzählte, ergriff sie der Heilige Geist. Bisher hatten sie sich Wissen angeeignet. Sie hatten sozusagen die Vokabeln gelernt, um die Sprache der Christen sprechen zu können. Doch nun hatte sie, durch den Heiligen Geist vermittelt, Gott in die Arme geschlossen, und sie hörten in ihrer eigenen Sprache seine Worte: „Du bist mein Kind – ich liebe dich“. 
Die Vorgeschichte dieses Pfingstgottesdienstes ist spannend und zeigt, wie der Heilige Geist die Fäden gesponnen hatte, um den Menschen im Haus des Kornelius Gott nahe zu bringen.

Kornelius
Kornelius war Römer und im Rang eines Hauptmanns in Cäsarea stationiert. Er hatte wohl in Israel den jüdischen Glauben kennengelernt, der ihm attraktiv erschienen sein musste. Der eine Gott, der die Welt geschaffen hatte und sich um seine Menschen kümmert, der ihnen hilft, sich über sie erbarmt, den Schwachen und Armen Würde gibt und für sie eintritt, das war für ein römisches Ohr etwas Neues. 

Kornelius hatte Sympathien für diesen Gott, er betete ihn an und er hielt sich an seine Gebote, gab den Armen Almosen und stand der jüdischen Gemeinde nahe. Er war schon im Einflussbereich Gottes, und so überrascht es nicht, dass ein Bote Gottes ihn überraschend besuchte und aufforderte, Petrus aus Joppe herbeizuholen. Kornelius erkannte in dem Boten Gott und schickte gleich drei seiner Leute los.

Petrus
Petrus war gerade zu Besuch bei Simon. Er hielt seine Andacht auf dem Hausdach, der Magen knurrte schon, bald würde Simon ihn zum Essen holen. Da sah er ein Tischtuch vom Himmel herabschweben, das an den vier Zipfeln gehalten wurde. Im Tischtuch krabbelten alle möglichen Tiere, essbare und solche, die für Juden auf dem Speiseplan verboten waren. Zudem hörte er dreimal die Aufforderung: „Schlachte und iss!“ Petrus war verwirrt. Wie konnte er unreine Tiere gegen die Gebote Gottes essen? Was wollte Gott ihm mit diesem Tischtuch-Allerlei sagen?

Die Antwort stand schon unten im Hauseingang. Die Leute von Kornelius waren angekommen und wünschten Petrus zu sehen. Petrus verstand sofort. Jesus wollte ihm zeigen, dass er für alle Menschen da war, nicht nur für Juden, die sich an Gottes Gesetz hielten, sondern auch für die, die aus anderen Kulturkreisen stammten. Niemand musste eine Vorbedingung erfüllen, um zu Jesus zu kommen – nicht das Gesetz einhalten, nicht besondere Speisegebote erfüllen, sich nicht beschneiden lassen. Jesus sah die Menschen, wie sie waren, und wollte sich so mit ihnen verbinden.

Als Erstes aß Petrus mit den Männern des Kornelius zusammen an einem Tisch, schon das gegen das jüdische Gesetz. Dann begleitete er sie nach Cäsarea und landete im Haus des Kornelius vor einer erwartungsvollen Gemeinde, bei der es gleich Pfingsten werden sollte.

Petrus und Kornelius heute
Was sagt uns diese Schilderung aus alter Zeit über den Heiligen Geist, so fragte ich mich und schaute mir Petrus und Kornelius genauer an.

Bei Petrus fällt auf, dass er diese Vision Jesu auf dem Dach des Hauses empfängt. Vielleicht steht das Dach für einen besseren Überblick, für Offenheit, für Nähe zum Himmel. Jedenfalls bekam Petrus eine neue Sicht. Er erkannte, dass das Evangelium weiter reichte, als er es sich bis dahin vorstellen konnte. 

Der Heilige Geist entgrenzt. Er bricht unsere Mauern auf und schickt uns zu denen, die Jesus im Blick hat. Durch die Video-Gottesdienste sind wir als Gemeinde mit Menschen in Kontakt gekommen, die weit weg wohnen oder den Weg zu unserer Gemeinde nie gefunden hätten. Ich liebe die Gemeindearbeit vor Ort, die Veranstaltungen in der Kirche, das reale Beisammensein. Doch nun lerne ich, dass Jesus Gemeinde größer denkt, dass es nicht nur von unserer Präsenz abhängt, ob jemand ihn findet oder nicht, sondern dass es Wirken des Geistes ist. Er kann auch in der Ferne Menschen zum Glauben rufen und ihnen seine Liebe schenken, vermittelt durch ein Video aus Brombach.

Kornelius hatte sich schon lange auf sein persönliches Pfingstfest vorbereitet. Er hatte zu Gott gebetet, hatte Geld für die Armen gespendet, seine Leute an diesem denkwürdigen Tag in sein Haus eingeladen. Vorbereitung ist auch für uns wichtig. Wer sich nach der Nähe zu Jesus sehnt, kann Zeit mit Christen verbringen, sie in ihrem Glauben und Leben beobachten, mit ihnen die Bibel entdecken. Er kann wie die Besucher bei Kornelius schon mal die Vokabeln lernen. Dass aus dem Gelernten eine neue Sprache wird, schafft der Heilige Geist. Er wird die Vokabeln zu einer Sprachmelodie formen und sie ins Herz transportieren. Kornelius hat dem Heiligen Geist eine Chance zum Wirken gegeben, warum sollte der Heilige Geist nicht auch bei uns Chancen eingeräumt bekommen?

Um es mit einem Bild zu veranschaulichen: Wenn ein Umzug in einer dicht besiedelten Straße geplant wird, gehört immer auch dazu, die Parkplätze für den Umzugswagen zu sperren. Manchmal reichen zwei Mülltonnen mit einem Absperrband, die man am Tag vorher hinstellt. In manchen Gegenden müssen Halteverbotsschilder von der Stadt gemietet werden. Kommt der Umzugswagen, ist alles bereit, es kann losgehen. Pfingsten will Jesus uns auch einen Umzugswagen schicken. Wir dürfen aus einer Wohnung ohne Internetanschluss in eine Wohnung mit ständigem Kontakt zu Gott umziehen. Den Umzugswagen schickt Gott, den Parkplatz können wir ihm schon vorher freimachen.

Der Heilige Geist wirkt
In meiner kleinen Gesprächsrunde waren wir bald zu der Frage gekommen, wie sich denn der Heilige Geist auswirkt. Ich nannte fünf Wirkungen, die ich mit den Fingern an meiner Hand verdeutliche.

Der Daumen: Die erste und wichtigste Wirkung ist, dass die Liebe Gottes ins Herz fließt. Ich stelle mir die Oberfläche meines Herzens jetzt mal wie eine Mondlandschaft vor, da gibt es Hügel – reiche Erfahrungen mit der Liebe – und Krater, Liebesdefizite, Verletzungen, Sehnsüchte. Gott lässt seine Liebe auf diese Mondlandschaft meines Herzens fließen, sie strömt vor allem in die schmerzhaften Löcher, sie hilft mir, mich mit Gottes Augen zu sehen, sein von ihm geliebtes, wertvolles Kind. Das wärmt mein Herz und macht mich glücklich.

Der Zeigefinger: Er zeigt auf Jesus. Kommunikation ist jetzt uneingeschränkt möglich. Ich habe eine Flatrate zu Jesus, kann immer und ständig mit ihm reden, bekomme Antwort, Impulse, Gedanken, Zeichen von ihm und lerne seine Sprache immer besser. Er stellt mir auch Stopp-Schilder in den Weg, die mich bewahren, manchmal auch vor mir selbst.

Der Mittelfinger: Es ist der längste Finger, er steht für den Weg in die Zukunft, für Veränderung. Der Heilige Geist hält mir immer wieder ein Tischtuch vor die Nase, in dem etwas drin ist, was mich irritiert oder mir gar nicht gefällt. Und er lässt nicht locker, schickt mich zu denen, die mir Mühe machen, schickt mich zu Aufgaben, die ich mir eigentlich nicht zutraue, hilft mir, Neues zu entdecken.

Der Ringfinger: Er steht für Gemeinschaft. Der Heilige Geist führt mich in eine neue Gemeinschaft, zu anderen Christen, die so etwas wie eine Familie für mich werden. Die mich unterstützen und mir Jesus vielfältig nahebringen, für die ich mich einsetze und ihnen mit meinen Gaben diene.

Der kleine Finger: Er ist die sanfte Erinnerung, dass ich immer wieder zur Basisstation Jesus zurückkehren sollte, weil mein Akku sich sonst schnell entleert. 

Mein Telefon im Arbeitszimmer hat ein kleines Kontaktproblem. Wenn ich es nicht sorgfältig in die Ladestation zurücklege, lädt es nicht auf. Und nicht nur einmal war ich erstaunt, dass es sich fast vollständig entladen hatte, obwohl ich fast nicht telefoniert hatte, unachtsam hatte ich es abgelegt. Wie oft vernachlässige ich den Kontakt zu Jesus und bin im Alltag untergegangen. Und dann gibt es kleine Hinweise vom Heiligen Geist, die mich zurückbringen und mich aufschauen lassen. Ja, aus dieser Kraft lebe ich, nicht aus meiner eigenen, die so begrenzt ist.

Wir wissen nicht, wie es mit der Hausgemeinde des Kornelius in Cäsarea am Meer weitergegangen ist. Aber wir können selbst unseren Weg nach Pfingsten im Blick behalten und an einer Hand buchstabieren, wie der Heilige Geist uns beleben, verändern und in die Zukunft führen kann und will.

Cornelia Trick


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