Alles ok?
Gottesdienst am 27.01.2002 

Liebe Gemeinde, liebe Gäste,
"Wash Away Your Sins Bubble Bath", diese Werbung für ein DuschgelWash away your sins bubble bath ist mir gleich ins Auge gesprungen. Nicht nur der Titel, auch die Produktbeschreibung ließ daraus schließen, dass es sich hier um einen lebensnotwendigen Artikel handelt. Nicht nur sauber, sondern rein sollte man damit werden. Alle Sünden würden nachhaltig abgewaschen.

Ich fragte mich allerdings auch, ob jemand so ein Duschgel überhaupt kauft. Wer gibt schon gerne zu, dass in seinem Leben nicht alles rein ist? Wer will es wahrhaben, dass da Schmutz an ihm oder ihr klebt, der jeder gewöhnlichen Verdrängungsstrategie widersteht? Ich stelle mir vor, ich bekomme dieses Duschgel von einer Bekannten zum Geburtstag. Ich würde mich gleich fragen, ob ich ihr Anlass gegeben habe, an meiner Integrität zu zweifeln. Will sie mich etwa auf ein kleines unscheinbares Laster hinweisen? Findet sie, dass ich so etwas wie Erneuerung nötig habe? 

Aber vielleicht würden Sie ganz anders reagieren: Endlich mal jemand, der mir Hilfestellung anbietet, mit meinen Problemen zurecht zu kommen. Endlich mal ein Hinweis, dass es mit den ewigen Selbstvorwürfen und gescheiterten guten Vorsätzen nicht ewig weiter gehen kann. Endlich mal jemand, der von mir nicht Heile- Welt erwartet. 

So ein bisschen wären wir vielleicht alle über ein solches Geschenk entsetzt und entzückt, würden es weit von uns weisen und im Stillen doch dankbar annehmen. Manchmal fühlen wir uns stimmig mit uns selbst, gut drauf und voll im Recht, dann wieder ertappt, traurig über uns und unfähig etwas zu ändern.

Von genau dieser Geschichte erzählt uns die Bibel. Die Bibel berichtet, was Jesus einmal bei einer Party erlebt hat. Zwar wurde da nicht mit "Wash Away Your Sins Bubble Bath" geduscht, aber das heimliche Thema der Party war das gleiche.

Lukas 7,36-50

Ein Pharisäer hatte Jesus zum Essen eingeladen. Jesus ging in sein Haus und legte sich zu Tisch. In derselben Stadt lebte eine Frau, die als Prostituierte bekannt war. Als sie hörte, dass Jesus bei dem Pharisäer eingeladen war, kam sie mit einem Fläschchen voll kostbarem Salböl.  Weinend trat sie an das Fußende des Polsters, auf dem Jesus lag, und ihre Tränen fielen auf seine Füße. Mit ihren Haaren trocknete sie ihm die Füße ab, bedeckte sie mit Küssen und salbte sie mit dem Öl.
Als der Pharisäer, der Jesus eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: "Wenn dieser Mann wirklich ein Prophet wäre, wüsste er, was für eine das ist, von der er sich da anfassen lässt! Er müsste wissen, dass sie eine Hure ist." 
Da sprach Jesus ihn an: "Simon, ich muss dir etwas sagen!" Simon sagte: "Lehrer, bitte sprich!" Jesus begann: "Zwei Männer hatten Schulden bei einem Geldverleiher, der eine schuldete ihm fünfhundert Silberstücke, der andere fünfzig. Weil keiner von ihnen zahlen konnte, erließ er beiden ihre Schulden. Welcher von ihnen wird wohl dankbarer sein?" 
Simon antwortete: "Ich nehme an: Der, der ihm mehr geschuldet hat." "Du hast recht", sagte Jesus. Dann wies er auf die Frau und sagte zu Simon: "Sieh diese Frau an! Ich kam in dein Haus, und du hast mir kein Wasser für die Füße gereicht; sie aber hat mir die Füße mit Tränen gewaschen und mit ihren Haaren abgetrocknet. Du gabst mir keinen Kuss zur Begrüßung, sie aber hat nicht aufgehört, mir die Füße zu küssen, seit ich hier bin. Du hast meinen Kopf nicht mit Öl gesalbt, sie aber hat mir die Füße mit kostbarem Öl eingerieben. Darum sage ich dir: Ihre große Schuld ist ihr vergeben worden. Eben deshalb hat sie mir soviel Liebe erwiesen. Wem wenig vergeben wird, der zeigt auch nur wenig Liebe."
Dann sagte Jesus zu der Frau: "Deine Schuld ist dir vergeben!" Die anderen Gäste fragten einander: "Was ist das für ein Mensch, dass er sogar Sünden vergibt?" Jesus aber sagte zu der Frau: "Dein Vertrauen hat dich gerettet. Geh in Frieden!"

Gut vorstellen kann ich mir die Beweggründe von Simon, Jesus zur Party einzuladen. Er möchte Jesus näher kennen lernen. Gehört hat er schon so manches von Jesus. Die Leute erzählten sich, dass er Wunder tat, dass er in glühenden Farben von Gottes Reich redete, dass er in seinem Auftreten bestimmt, aber nicht überheblich war und an die Propheten erinnerte, die zu dem Volk Israel mit Gottes Stimme gesprochen hatten. Das wollte Simon selbst gerne mal in Augenschein nehmen und so lud er Jesus ein. Er erwartete sich wohl nichts Weltbewegendes, vor allem erwartete er nicht, dass sich mit Jesus in seinem Leben etwas ändern könnte. Er wollte die Sache mehr als ein Prüfungsgespräch sehen und hinterher mit seinen Freunden, die mit dabei waren, eine Note für den Kandidaten vergeben. 

Aber Simons Plan wurde so ganz über den Haufen geworfen. Denn ein ungeladener Gast tauchte auf. Alle kannten wohl die Frau und wussten, dass sie zum Rotlichtmilieu der Stadt gehörte. Sie kam ganz anders in den Raum als die übrigen Gäste. Da war kein Selbstbewusstsein zu spüren, kein trotzig gerecktes Kinn. Sie kam als eine Frau, die in ihrem Innersten berührt war, die für ihr Anliegen keinen Aufschub hinnehmen wollte, die nur Augen für Jesus hatte. Und so stürzte sie auf ihn zu und bedachte ihn mit ihrer Liebe, als sei Jesus der eigentliche Gastgeber gewesen und sie die, die ihm Ehre erwies.

Wir können aus dem Gespräch schließen, dass diese Frau Jesus schon vor der Party begegnet war. Vielleicht hatte sie ihn reden hören oder ein Wunder miterlebt. Vielleicht hatte er sie auch am Straßenrand angesprochen und ihr Herz erreicht. Sie hatte von ihm erfahren, dass ihr Leben nicht ewig so weiter gehen musste: als Ware für Männer hin und her gereicht, unfähig sich dem Teufelskreis aus Schuld und Bestrafung zu entziehen. Jesus hatte ihr die Augen geöffnet, dass ein Neuanfang für sie möglich war, ihr von Gott her Würde zukam und er selbst sie aus den Spielbällen der Macht befreien wollte. Die Frau suchte Jesus bei dieser Party auf, weil sie dieses neue Leben wollte und weil sie zutiefst dankbar für die Wende war.

Jesus wird zum Gastgeber bei Simons Party. Er feiert ein Fest auf das neue Leben, das diese Frau beginnen kann. Simon kann das nicht verstehen. Seine Wertmaßstäbe stehen auf dem Kopf. Er hält sich für ok, führt ein makelloses, damit auch anstrengendes Leben, hat sich alles selbst erarbeitet. Und nun wird er von Jesus so vorgeführt. 

Bei Simons Party

Schauen wir uns das Gastmahl genauer an. Am Tisch sind drei Sorten von Plätzen.

Die Zuschauer sitzen Simon, Jesus und der Frau im Abstand gegenüber. Sie betrachten sich das Schauspiel im Abstand. Vielleicht hat jemand eine größere Nähe zu Simon oder zu der Frau, aber einlassen will er sich nicht auf Jesus.

Dann sind Plätze zwischen Simon und Jesus. Wer hier sitzt, wird von Jesus in das Gespräch automatisch mit einbezogen. Erkennt er oder sie in Simon sich selbst wieder mit aller Selbstgerechtigkeit und allem Stolz, Jesus nicht zu brauchen?

Wer zwischen Jesus und der Frau sitzt, wird vielleicht auch unruhig. Sollte Jesus ihm oder ihr ebenso neues Leben eröffnen? Sind die heimlichen und offenen Wunden heilbar? Gilt die Versöhnung auch für sie oder ihn?

Tragen wir uns ruhig selbst in die Sitzordnung ein. Sitzen wir bei Simon? Jemand könnte sich im Stillen fragen: Wozu brauche ich Jesus? Mein Leben bekomme ich doch bestens selbst geregelt. Vergeben muss mir niemand. Ich habe keine Schuld auf mich geladen. Ich brauche keinen Neuanfang, alles kann so weitergehen wie bisher. Aber ist das wirklich die ganze Wahrheit? Gibt es jemand, bei dem alles ok ist, der mit allem und jedem in Frieden lebt, der Gott nicht braucht als Gegenüber? Jesus nimmt es uns nicht ab, darüber ernsthaft nachzudenken. Ja, er ermutigt uns, den Sitzplatz mit Simon zu tauschen Denn Jesus stellt Simon und damit uns als Partygästen die Frau als Vorbild hin. Sie hat erkannt, dass ihr Leben ohne Jesus in die falsche Richtung lief. Sie ist nicht zu stolz, das zuzugeben. Sie ergreift die Chance und wagt einen Neubeginn. Sie hat in Jesus den treuen Freund gefunden, der ihr Kraft und Perspektive gibt. 

Für mich ist diese Party bei Simon ein ganz wichtiges Ereignis im Alltag meines Glaubens an Jesus Christus. Ich erkenne mich ein Stück weit in Simon wieder. Auch ich bin oft selbstgerecht, meine, mein Leben im Griff zu haben und viel besser zu sein, als so manche anderen. Doch diese Haltung führt mich nicht weiter. Denn so werde zu einem Menschen, der letztlich leer ausgeht und der bei der Party des Lebens zum Zaungast wird, sich selbst vom Fest ausschließt. Bin ich ehrlich vor mir selbst, muss ich zugeben, dass meine Stärke blitzschnell in Schwäche umschlagen kann. Da gelingt eben doch nicht alles, da verletze ich Menschen, ohne es zu wollen. Da verweigere ich Hilfe und werde schuldig. Da werde ich Spielball von Leuten, die Böses im Sinn haben.

Und in solchen stillen Momenten, wo mir das wieder bewusst wird, bin ich froh, dass Jesus mich an die Frau erinnert, die ihm die Füße gesalbt hatte. Ich kann mich Jesus in meinem Versagen anvertrauen, ich kann mit ihm reden und ihm mein Herz ausschütten. Ich darf von ihm hören: Dir ist vergeben! Das setzt mich auf den Weg in die Zukunft. Meine Beziehungen werden lebendig, Jesus macht den Weg zu Gott frei, Gottes Kraft kann nun in meinen Beziehung wirken, Frieden schaffen, Liebe ermöglichen. Plötzlich muss ich mich nicht mehr abgrenzen gegen Leute, die anders sind als ich, sondern sehe sie mit Jesu Augen, habe Sehnsucht danach, dass sie Gott auch kennen lernen.

Wie es wohl für die Frau weitergegangen ist? Hatte sie Leute, die sie in ihrem Neuanfang unterstützten? Ist sie bei Jesus geblieben und hat anderen Mut gemacht, ein neues Leben zu beginnen? Jesus hat uns hier als Gemeinde zusammen gerufen, um einander Mut zum Neuanfang zu machen. Gemeinde ist ein geschützter Raum, wo wir um unsere eigene Begrenztheit, unsere Schwäche und unsere Schuld wissen. Weil wir das erlebt haben, dass Jesus uns vergeben hat und der Weg nach vorne offen wurde, laden wir ein, dazuzukommen. Das ist nicht immer einfach und geht schon gar nicht von heute auf morgen. Es gibt auch Rückfälle in die alten Gewohnheiten und Verhaltensmuster. Aber wir leben von Jesu Worten, die er uns heute genauso wie damals zuspricht:
Dein Vertrauen hat dich gerettet. Geh in Frieden!

Das ist unser "Wash Away Your Sins Bubble Bath", ein Bad in Jesu Liebe.

Allein deine Gnade genügt, die in meiner Schwachheit Stärke mir gibt.
Ich geb dir mein Leben und was mich bewegt. Allein deine Gnade genügt.
Ich muss mich nicht länger um Liebe bemüh´n, ich habe Vertrauen zu dir, 
du hast meine Sünde getilgt durch dein Blut, und Gnade ist für mich genug.
Allein deine Gnade genügt, die in meiner Schwachheit Stärke mir gibt.
Ich geb dir mein Leben und was mich bewegt. Allein deine Gnade genügt.
Das Blut Jesu lässt mich gerecht vor dir steh´n, es hat alle Schuld gesühnt.
Die Gnade hat über Gericht triumphiert, und nun bin ich frei in dir.
Allein deine Gnade genügt, die in meiner Schwachheit Stärke mir gibt.
Ich geb dir mein Leben und was mich bewegt. Allein deine Gnade genügt. Martin J.Nystrom

Cornelia Trick


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