|
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern
und Brüder,
Die Südkoreaner wirken nach urchristlicher Weise, wie es in der Apostelgeschichte beschrieben ist. Dort finden sich Berichte von Aposteln und Evangelisten, die mit Freude von Christus erzählten, die Menschen halfen, von krankmachenden Bindungen loszukommen, und die Menschen in die Gemeinde einbanden, indem sie sie tauften. Die Apostelgeschichte verfolgt verschiedene Stadien der Evangelisation. Ausgangsort war Jerusalem. Dort kamen die ersten 3000 Menschen am Pfingsttag zum Glauben. Die nächste Phase wurde nicht auf dem Reißbrett entworfen und nicht bei der Strategieplanung festgesetzt, sondern ergab sich aus einer großen Notsituation. Nach der Steinigung des Stephanus wurden wohl überwiegend die griechisch-stämmigen Christen aus Jerusalem vertrieben. Sie begannen am neuen Ort sofort wieder, andere zu Jesus Christus einzuladen. Sie hätten sich auch traumatisiert verstecken können, aber eine Kraft bewegte und befähigte sie, in der Not den nächsten Schritt zu gehen. Hier beginnt die Geschichte, die ich Ihnen heute mitgebracht habe. Der Kollege des Stephanus, Philippus, kam in die Hauptstadt Samariens, was wohl Sichem war. Apostelgeschichte 8,4-17 Sofort predigte Philippus von Jesus. Seine Predigt wirkte in dreifacher Weise. Menschen, die von Mächten beherrscht wurden, die ihnen die Lebenshoffnung raubten, wurden frei. Kranke wurden geheilt und eine große Freude durchströmte die Stadt. Berichtet wird auch von einem Simon, der sich mit Magie seinen Unterhalt verdient hatte. Er hörte von Jesus und glaubte ihm. Die Kraft Jesu war stärker als die, die er von seiner Magie her kannte. Auch wenn es später von diesem Simon heißt, dass er mit dem Heiligen Geist Geschäfte machen wollte, können wir ihm zu diesem Zeitpunkt noch nicht unterstellen, dass sein Glaube nicht aufrichtig und ehrlich war. Doch die weitere Entwicklung zeigt an, dass er sich nicht von seinem alten Denken lösen konnte. Das Evangelium fiel auf den Weg und die Vögel pickten es weg, wie es das Gleichnis vom 4-fachen Ackerfeld beschreibt. Philippus taufte die neu zum Glauben Gekommenen. Die Taufe bedeutete, dass die Getauften von ihrer Vergangenheit ohne Gott gereinigt wurden, in den Tod Jesu hineingetaucht wurden und seine heilende Wirkung am eigenen Leib erfahren konnten. Die Taufe ließ die Gläubigen öffentlich bekennen, dass sie von nun an in Gottes Reich Bürgerinnen und Bürger waren. Doch die Geschichte hatte eine eigenwillige Fortsetzung. Die beiden Apostel Petrus und Johannes wurden von Jerusalem nach Sichem geschickt, nachdem man in der Urgemeinde von den jungen Gläubigen in Samarien gehört hatte. War die Missionstätigkeit des Philippus ergänzungsbedürftig? Galt Mission nur etwas, wenn Apostel der ersten Stunde ihren Segen dazu gaben? So scheint es zumindest auf den ersten Blick. Doch schauen wir hinter die Kulissen, entdecken wir eine viel aussagekräftigere Wahrheit. Philippus hatte die Menschen zu Jesus geführt. Er hatte ihnen Vergebung der Sünden und Freiheit von den Fesseln der Vergangenheit zugesagt. Er hatte ihnen sozusagen den Pass für das Reich Gottes übergeben. Nun waren sie Bürger der neuen Welt. In dieser neuen Welt waren sie nicht als Einzelne, sondern in eine neue Gemeinschaft eingebunden. Und diese Gemeinschaft war größer als die Gemeinde Samariens. Petrus und Johannes kamen, um die Neubürger willkommen zu heißen in der weltweiten Familie der Kinder Gottes. Und sie beteten darum, dass diese Neubürger Gottes Kraft bekamen, um in der neuen Familie wirklich leben zu können. Denn möglich wäre es auch gewesen, dass die Neubekehrten sich in eine Ecke verkrümelten und das neue Leben gar nicht anpackten. Der Heilige Geist, der nach dem Gebet der Apostel auf sie fiel, schenkte ihnen die Sprache, um in der neuen Familie zu kommunizieren. Er gab ihnen die Augen für das, was ihre Aufgaben dort waren, und er gab ihnen die Kraft, um mutige Schritte nach vorn zu tun. Die Gabe des Geistes ist, so wird es hier deutlich, freies Geschenk Gottes. Sie muss erbeten sein. Selbst die Apostel konnten sie nicht herbeizwingen. So wundert es auch nicht, dass es keine festgelegte Reihenfolge gibt, wie Taufe und Gabe des Geistes zusammengehören. Das Neue Testament kennt alle denkbaren Konstellationen. Cornelius, der erste Heidenchrist, empfing Gottes Geist, bevor er getauft wurde. Es war für Petrus das deutliche Zeichen, dass er auch einen Heiden taufen, in Gottes Familie, einbinden durfte. Der Heilige Geist ist nicht an die Taufe gebunden. Er lässt sich nicht einfangen, sondern weht, wo er will. Doch klar ist, erst durch den Heiligen Geist macht ein Pass für Gottes Reich Sinn. Denn dieser Geist gibt die Fähigkeit, in dieser neuen Beziehung zu Gott zu leben. Wie halten wir es selbst mit der Taufe und der Gabe des Heiligen Geistes? Und wie passt überhaupt die Kindertaufe zu der Taufe, wie Philippus sie in Samarien praktizierte? Die Taufe von Kindern wurde schon in der Urgemeinde praktiziert innerhalb so genannter Haustaufen. Ein Familienvater kam zum Glauben und ließ sich zusammen mit der ganzen Hausgemeinschaft taufen. Dazu gehörten die Kinder ebenso wie die Angestellten. Dies geschah in dem Bewusstsein, dass der Heilige Geist eine offensive Kraft ist, die ausgehend vom Familienvater auf alle Mitglieder des Hauses übergreifen würde. Ganz selbstverständlich wuchsen die Kinder in den Glauben ihrer Eltern hinein. Erst 200 Jahre später wurde die Taufe zunehmend zum Schutzschild vor dem Bösen. Wer getauft war, kam nicht in die Hölle. Wer nicht getauft war, gehörte dem Bösen. Kein Wunder, dass Kinder immer früher getauft wurden und der lebendige Glaube mit der Gabe des Heiligen Geistes in den Hintergrund trat. Unsere Kindertaufe, wie wir sie in der Evangelisch-methodistischen Kirche praktizieren, knüpft an die urchristlichen Haustaufen an. Kinder sind in den Glauben ihrer Eltern hineingenommen. In der Taufe sagt Gott ihnen durch sein Wort und die Zeichenhandlung zu, dass sie den Pass für sein Reich überreicht bekommen haben. Solange sie Kind sind, leben sie bei und von den Eltern. Sie wachsen in der Gemeinde ihrer Eltern auf und werden von dieser Gemeinde in die Gemeinschaft mit Jesus Christus eingeführt, aber sie haben noch eine doppelte Staatsbürgerschaft, zwei Pässe. Erst mit zunehmender Fähigkeit, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen, gilt es für die Heranwachsenden sich zu entscheiden. Werden sie den Pass Gottes annehmen, Bürger seines Reiches zu sein? Oder schicken sie den Pass zurück? Und was passiert mit der zurückgewiesenen Staatsbürgerschaft? Verfällt sie? Gottes Zusage verfällt nicht. Und so hat auch der Pass der Taufe kein Verfallsdatum. Er liegt bereit mit Vermerk, dass er jederzeit wieder einsetzbar ist. Eine zweite Taufe braucht es nicht. Doch unser Blick in die Anfänge der Christenheit in Samarien lehrt uns, dass Taufe und Entscheidung allein nicht ausreichen. Um in dieser neuen Beziehung zu Gott zu leben, braucht es Gottes Geist, den er schenkt, aber nicht automatisch mit der Taufe verteilt. Entschuldet zu werden, bedeutet nicht, ein florierendes Unternehmen starten zu können. Man kann bei der Taufe stehen bleiben, sich freuen, dass Gott vergeben hat und der Zugang zu ihm frei ist. Aber so lässt sich kein neues Leben beginnen. Es fehlt die Kraft, sich zu verändern und neue Schritte zu wagen. Es fehlt die vom Geist vermittelte Sicht auf Lebensziele und Perspektiven. Es fehlt die Einbindung in die Gemeinschaft der Christen, mit der zusammen man Gottes Wege gehen kann. Die Apostel legten den Samaritern die Hände auf. Das war das Startsignal des neuen Lebens, vergleichbar mit einem Kurs in Staatsbürgerkunde und Sprache. Der Heilige Geist ermöglichte ein Leben nach Gottes Willen. Die Erfahrung sagt, dass Startsignale des neuen Lebens so unterschiedlich sind wie wir Menschen. Für mich persönlich war es eine Gebetsgemeinschaft im Jugendkreis, in der ich bildlich gesprochen eine segnende Hand spürte, die mir Gottes Geist vermittelte. Jemand anders erzählte von einer Veranstaltung, bei der aufgerufen wurde, sich zu Jesus zu bekennen. Er stand auf und stellte sich zu Jesus, nahm die Staatsbürgerschaft des Reiches Gottes an. In einer Biographie eines norwegischen Predigers las ich, wie ihn ein Bibelwort innerhalb einer Predigt berufen hatte, eigentlich eine Aufforderung Marthas an ihre Schwester Maria, „der Herr ruft dich!“ (Johannes 11). Es wurde Jesu Ruf nach dem damals 14-Jährigen. Doch was ist daraus geworden? Wie hat sich das neue Leben der Samariter damals entwickelt? Von einem späteren Brief an Timotheus erfahren wir, dass die Kraft des Heiligen Geistes immer wieder angefochten war. Timotheus wird in diesem Brief anbefohlen, die Gabe des Geistes, die ihm durch die Handauflegung zugesprochen wurde, wieder zu erwecken (2.Timotheus 1,6). So wundert es nicht, dass auch wir erinnert werden müssen an die Kraft, die uns zugesprochen wurde. Sie wird genauso sichtbar wie in den Tagen der Samaritermission:
Cornelia
Trick
|